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Beschlussarchiv

INI2 2022
Wir sind solidarisch. Komme, was wolle.

Antrag INI02: Wir sind solidarisch. Komme, was wolle.

Unsere Generation lebt in einer Zeit multipler Krisen. Die Auswirkungen des
Klimawandels auf unseren Planeten sind bereits jetzt schlimmer als von vergangenen
wissenschaftlichen Prognosen erwartet. Der Klimawandel ist auch heute schon ein
sicherheitspolitisches Problem und führt zu existenziellen sozialen weltweiten
Krisen. Hinzukommen weitere weltpolitische Krisen wie die Finanzkrise, die
wirtschaftlichen Verwerfungen als Folge der Corona-Pandemie, die „Eurokrise“ sowie
schließlich die aktuelle Situation als Folge des russischen Angriffskriegs auf die
Ukraine. Das wirtschaftliche und gesellschaftliche System Kapitalismus produziert
einerseits selbst Krisen und zeigt sich andererseits extrem anfällig für externe
Schocks. Des Weiteren zeigt sich, dass das kapitalistische System nicht in der Lage
ist die Grundbedarfe von Menschen nach Nahrung, wohnen, Energieversorgung, Mobilität,
Sicherheit und gesellschaftlicher Teilhabe für alle Menschen zu decken. Gerade in
diesen krisenhaften Situationen zeigt sich, dass stets die armutsbetroffenen und
prekär lebenden Menschen auf der Verlierer*innenseite stehen. Während seit der
Finanzkrise die Vermögenden in den Industrieländern immer vermögender geworden sind,
sind die Realeinkommen der breiten Masse hinter den Wachstumsraten weit zurück
geblieben oder sogar gesunken. Entgegen den Zielen der UN sind wir weit davon
entfernt, die absolute Armut auf der Welt zu beseitigen, ganz im Gegenteil nehmen
Armut und Hunger zuletzt weiter zu und der Unterschied zwischen armen und reichen
Ländern wird immer gravierender. Ob bei der Debatte um die Freigabe der Patente für
die Impfstoffe oder im Kampf um Weizenlieferungen, die Solidarität der
industrialisierten Ländern mit sich entwickelnden Ländern ist in Krisenzeiten nicht
viel mehr als ein Lippenbekenntnis. Die globale Ungleichheit wird zusätzlich
verschärft durch den Klimawandel, dessen Auswirkungen die Länder des globalen Südens
vielfach stärker treffen als die des globalen Nordens.

Für uns Jusos ist klar:
Der Kapitalismus mit dem wesentlichen Aspekt der auf Privateigentum basierenden
Produktionsweise und dem allein auf Kapitalakkumulation konzentrierten Zweck ist an
sich krisenhaft. Er begünstigt nicht nur die Entstehung von Krisen, sondern erzeugt
sie durch den ihm immanenten marktförmigen Expansionszwang, dem die herrschende
Klasse unterliegt. Der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit zeigt sich in den
letzten Jahrzehnten am deutlichsten dadurch, dass Krisen international und national
immer die Arbeitenden am stärksten getroffen haben. Denjenigen, die über hohe
Konzentrationen an Kapital verfügen, gelingt es dagegen vielfach im Rahmen von Krisen
diese zu erhöhen. über hohe Konzentrationen an Kapital verfügen, gelingt es dagegen
vielfach im Rahmen von Krisen diese zu erhöhen.
Wir sehen uns als Sozialist*innen und als Stimme der jungen Generation in der
Verantwortung, stets die langfristige Perspektive zu suchen: Wir wollen das
wirtschaftliche und gesellschaftliche System Kapitalismus, dessen Systemlogik
zwangsläufig zu der Ausbeutung von armutsbetroffenen, prekär lebenden, arbeitenden
sowie diskriminierungsbetroffenen Menschen und der Zerstörung der Umwelt führt,
beenden. Die Unwuchten dieser Krisen lassen uns gerade nicht verzweifeln, sondern
zeigen uns nur umso mehr: Es braucht unseren Mut und unseren Willen, um all das zu
verändern.
Gerade in den aktuellen Krisen zeigt sich, wie schädlich es ist, dass die
Daseinsvorsorge, vor allem das Gesundheitssystem und die Energieversorgung teilweise
privatisiert sind, sodass es sogar autokratischen Staaten möglich ist, direkt in die
Energierversorung hierzulande zu investieren und sie unter ihre Kontrolle zu bringen.
Die Privatisierung von Energie-Importeuren und vieler kommunaler Energieversorger
erweist sich abermals als gravierender Fehler. Die Krisen zeigen, wie anfällig unser
Sozialsystem ist: Es muss hektisch sozial- und arbeitsmarktpolitisch nachgesteuert
werden, weil es eben keine breite Absicherung aller Menschen gibt und einkommensarme
Menschen nicht annähernd die Chance hatten sich finanzielle Rücklagen aufzubauen,
ganz zu schweigen von denjenigen, die strukturell in Armut gehalten werden. Wir
beobachten, wie sich Unternehmen schamlos an der Krise bereichern, die Preise stärker
als notwendig erhöhen, um ihren Eigentümer*innen Rekorddividende zu ermöglichen und
gleichzeitig für Lohnzurückhaltung ihrer Angestellten werben.
Wir fühlen uns darin bestärkt, dass wir weiterhin für einen grundsätzlichen
Systemwechsel streiten, für ein globales Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, dass
gegenseitige Solidarität und das Wohlergehen der Vielen anstrebt, statt den Reichtum
der Wenigen. Deshalb braucht es gerade jetzt die Gewissheit: Nicht diejenigen, die
sowieso schon besonders belastet sind, müssen wieder einmal die Belastungen stemmen,
sondern gerade sie können auf einen starken Sozialstaat zählen. Dafür braucht es
schnelle und entschlossene Antworten, damit eben gerade jene entlastet werden, die
die Krise am härtesten trifft. Neben den Arbeitenden sind das insbesondere
Rentner*inne, Studierende, Kinder und Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen
keiner Lohnarbeit nachgehen.. Die Arbeitende Klasse ist nicht die einzige von
Ausbeutung betroffene Klasse, sie ist nur die einzig wehrhafte, da die
kapitalistische Klasse auf sie angewiesen ist. Wir müssen jene zur Verantwortung
ziehen, die sich auch in der Krise versuchen, zu bereichern. Die Politik und
insbesondere die Sozialdemokratie muss zeigen, dass sie sich nicht den Marktlogiken
des kapitalistischen Systems unterwirft, sondern in der Krise fest an der Seite
derjenigen steht, die Verlierer*innen des Kapitalistischen Wirtschaftssystems sind.
Mitglieder der Fraktion und insbesondere unsere Juso-Abgeordneten auf.

In diesen Krisenzeiten verlieren die Menschen zusehends Hoffnung für die Zukunft. Ob
sie sich Sorgen machen, dass ihre Ausbildung in den nächsten Jahren nicht mehr
gebraucht wird oder ob ihr Betrieb die Energiekrise überstehen kann, die Fragen, die
sich Menschen stellen, setzen an ihren direkten materiellen Lebensverhältnissen an.
Deswegen ist es unser Auftrag als politische Linke, in der Debatte um die Zukunft des
industriellen Kerns dieses Landes unsere Vision klar zu benennen. Wir wollen
Antworten geben, die mehr sind als Abwehrkämpfe, wir wollen offensiv die
Primärverteilung zugunsten der Vielen verbessern. Dabei bleibt unser Ziel die
Demokratisierung aller Lebensbereiche, insbesondere der Betriebe. Diese ist ein
Schritt, um die Menschen zu ermächtigen, selbst über ihre Arbeits- und Lebensumstände
zu entscheiden.
Vor allem der russische Angriff und die deutsche Abhängigkeit von russischen
Energieimporten haben erhebliche soziale Auswirkungen auf viele Menschen in unserem
Land. Während die Einen in der aktuellen Krise unter steigenden Kosten leiden,
profitieren andere von Übergewinnen. Die Krisenprofiteur*innen sind eben jene, die
seit Jahren auf der Gewinner*innenseite bei der Vermögens- und Einkommensverteilung
stehen. In der Zeit der Krise ist es wichtig, dass der Staat auch um die
gesellschaftliche Stabilität und den sozialen Frieden zu wahren, diese
Ungerechtigkeiten nicht hinnimmt. Unsere sozialpolitischen Antworten müssen
sicherstellen, dass einkommensarme, armutsbetroffene sowie prekär lebende Menschen
nicht diejenigen sind, die in unserer Gesellschaft den höchsten Preis für Putins
Krieg zahlen. Der Kern sozialistischer Politik ist dabei mehr, als nur die
Verhinderung von Verschlechterungen, es geht für uns darum die Lebensbedingungen
substantiell zu verbessern über grundlegende Verteilungsfragen und die
Demokratisierung aller Lebensbereiche.

Es ist eine politische Entscheidung, wen und wie wir in dieser sozialen Krise
entlasten und wen wir belasten. Wir setzen uns für substantielle Entlastungen ein und
kämpfen dafür, dass die Kosten der Krise von denen getragen werden, die in den
letzten Jahrzehnten und jetzt wieder von krisenhaften Entwicklungen profitieren.
Für uns ist klar: Wir sind solidarisch mit denen, die täglich Verantwortung tragen,
dass Staat und Gesellschaft weiterhin funktionieren. Ob sie in Krankenhäusern oder
Supermärkten, in der Industrie oder im Einzelhandel arbeiten. Wir sind solidarisch
mit denen, die diese Krise am härtesten trifft und stehen ihnen mit aller Kraft bei.
Komme, was wolle.

Kurzfristige Entlastungsmaßnahmen
Als unmittelbare Reaktion auf die Krise brauchen wir schnell wirksame
Entlastungsmaßnahmen, die in der aktuellen Situation Entlastungen für diejenigen
bringen, die unter den Preissteigerungen leiden.

Günstige Mobilität für alle!
Mobilität sichert gesellschaftliche Teilhabe. Der Weg zur Arbeit, zur Schule, zur
Ausbildungsstelle oder an die Uni, zum Ärzt*innenpraxis oder zur Kinderbetreuung
viele Strecken können nicht ersetzt werden. Aber auch Strecken zu Freund*innen,
Familie oder zu politischen Veranstaltungen, Vereinsarbeit oder zur Erholung bei
einem Ausflug. Mobilität steht allen zu und zwar klimafreundlich und bezahlbar. Den
Herausforderungen von hohen Spritpreise, der Notwendigkeit einer Verkehrswende für
eine klimaneutrale Zukunft und den steigenden Preise im ÖPNV müssen wir gleichzeitig
begegnen. Das 49€-Ticket ist ein guter Schritt, um den Tarifdschungel zu überwinden
und insbesondere Menschen zu entlasten, die über Tarifgrenzen hinweg jeden Tag mit
dem ÖPNV zur Arbeit pendeln müssen. Dennoch ist das 49 Euro Ticket vor dem
Hintergrund, dass z.B. Sozialhilfe Beziehenden aktuell nur 40,27 Euro zu gesprochen
wird für Verkehr eine sozial ausgrenzende und ungerechte Lösung.
9 Euro Ticket beibehalten & ticketloser ÖPNV für junge und armutsbetroffene Menschen
Als erster Schritt ist die sofortige Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets notwendig.
Bund und Länder müssen dafür jetzt eine gemeinsame Lösung finden, statt weiter über
die Finanzierung zu streiten. Schüler*innen, Studis, Azubis und armutsbetroffene
Menschen sollen einen kostenlosen Zugang zum ÖPNV bekommen, gerade sie sind es, die
stark auf den ÖPNV angewiesen sind. Mobilität darf nicht zu einer sozialen Frage
werden, da Studi-Tickets einen erheblichen Teil des Semesterbeitrags ausmachen, sehen
wir hier eine unbürokratische Möglichkeit für weitere notwendige Entlastungen. Selbes
gilt auch für Azubis, bei ihnen macht ein Azubi-Ticket (sofern es eins gibt) einen
großen Teil der viel zu geringen Entlohnung aus. Das Ziel bleibt der
umlagefinanzierte und fahrscheinlose ÖPNV für alle Menschen.

Fernverkehr bezahlbar machen
Ein faires Preismodell im Fernverkehr. Subventionierte und bezahlbare Preise, die
den schienengebundenen Verkehr zur effizientesten Reiseform zwischen deutschen
Großstädten machen. Kostenlose Nutzung des Fernverkehrs für Schüler*innen,
Studierende, Auszubildende, FSJler*innen und Rentner*innen, damit die Reise zum
Beispiel zur Familie nicht zur finanziellen Krise führt.

Ausbildungsoffensive für den ÖPNV
Wir brauchen eine Ausbildungsoffensive von 100.000 Jobs in den Bereichen Bereichen
Fahrzeugproduktion und - instandhaltung, Service und Fahrbetrieb. So kann der
zukünftige Fachkräftebedarf gedeckt werden, den wir für eine erfolgreiche
Verkehrswende brauchen. Gleichzeitig erhalten junge Menschen eine Zukunftsperspektive
in sicheren und nach Tarif bezahlten Ausbildungsberufen.

Entlastungen für Studierende und Azubis
Studierende und Azubis haben bereits während der Corona-Pandemie besondere
Einschränkungen hinnehmen müssen, die offengelegt haben, dass die aktuellen
Unterstützungsleistungen nicht ausreichen, um eine finanzielle Absicherung für alle
in der Ausbildung zu gewährleisten. Viele Studierende mussten enorme Einschränkungen
hinnehmen, die zu Lasten ihres Studiums, ihrer finanziellen Lage und ihrer mentalen
Gesundheit gingen. Erneut ist absehbar, dass die ökonomische Krise Studierende und
Azubis auf besondere Weise treffen und herausfordern wird.

Azubis
Neben der bereits erfolgten Unterstützung über die Berufsausbildungsbeihilfe und die
Einmalzahlung im dritten Hilfspaket gilt es, strukturelle Entlastungen für
Auszubildende zu schaffen. Dafür setzen wir uns für eine zusätzliche Erhöhung der
Mindestausbildungsvergütung zum 01.01.2023 auf insgesamt 750€ im ersten
Ausbildungsjahr ein. Auch die Berufsausbildungsbeihilfe muss entsprechend angepasst
werden und elternunabhängig sein. Auszubildende müssen ebenso wie der Rest der
Bevölkerung von allgemeinen Entlastungsmaßnahmen profitieren.

Studierende
Ebenso müssen Studierende finanziell massiv entlastet werden. 30% der Studierenden
fallen unter die Armutsgrenze, weshalb die oft finanziell prekäre Lage dieser auch in
den sozialpolitischen Entlastungen Anklang finden muss. Zum einen müssen Studierende
von den Entlastungspaketen direkt profitieren. Zum anderen bedarf es einer
grundlegenden Reform des BAföGs, die die Bedarfssätze als Vollzuschuss deutlich
anhebt und durch die Anhebung der Förderhöchstdauer und Elternunabhängigkeit, die
Anzahl der geförderten Studierenden massiv ausweitet. Dafür fordern wir eine
jährliche Anpassung an die zu erwartende Inflation. Hinzu kommt die dringend
benötigte Ausfinanzierung der Studierendenwerke durch die Länder, um den Zugang zu
günstigem Essen und bezahlbaren Wohnraum zu unterstützen. Weiterhin fordern wir eine
Ausweitung der Kostendeckung von studentischen Beiträgen in die Pflichtversicherungen
durch das BAföG.

Winterhilfe für Alle!
Strukturelle Entlastungen, wie sie in der Koalition auch schon teilweise auf den Weg
gebracht wurden, sind der richtige Weg, um mittelfristig nachhaltige Entlastungen zu
schaffen. Viele davon werden jedoch erst im nächsten Jahr wirksam werden. Vor allem
einkommensschwache Gruppen und Empfänger*innen von staatlichen
Unterstützungsleistungen wissen aber häufig bereits jetzt nicht, wie sie angesichts
der aktuellen Preise durch den Winter kommen sollen. Deshalb unterstützen wir die
Forderung nach einer abhängig vom Einkommen progressiv ausgestalteten Winterhilfe in
Form einer Einmalzahlung an alle Haushalte, die einfach und unbürokratisch über den
Winter hilft. Sie soll mit steigendem Einkommen progressiv abgeschmolzen werden.
Menschen, deren Einkommen mit dem Spitzensteuersatz versteuert wird, sollen keine
Auszahlungen erhalten. Die Winterhilfe soll möglichst noch vor Jahresende ausgezahlt
werden.

Lebensmittelpreise runter!
Die Inflation betrifft neben den Energiepreisen vor allem die Preise auf
Lebensmittel, hier sind die Preise im letzten Jahr um fast 20% gestiegen.
Armutsbetroffene und prekär lebende Menschen, bei denen die Ausgaben für Lebensmittel
einen größeren Anteil an den Gesamtausgaben ausmachen, sind davon besonders
betroffen, die Inflation trifft nicht alle Menschen gleich, sie trifft ärmere
Menschen besonders hart. Die langen Schlangen vor den Tafeln sind Ausdruck der
besorgniserregenden Entwicklung, dass immer mehr Menschen in Deutschland sich nicht
mehr ihre Lebensmittel leisten können. Die Umsatzsteuer auf Lebensmittel erhöht die
Preise auf Lebensmittel zusätzlich und verstärkt damit die Inflation. Als Jusos
lehnen wir allgemein wirksame indirekte Besteuerung ohne politische Lenkungswirkung
ab. Die EU hat angesichts der inflationären Entwicklung die Möglichkeit geschaffen,
die Umsatzsteuer auf Lebensmittel abzuschaffen. Wir fordern, von dieser Möglichkeit
in Deutschland Gebrauch zu machen, um damit einen einmaligen, dämpfenden Effekt auf
die Preise der Lebensmittel zu entfalten. Die Unternehmen sollen gesetzlich
verpflichtet werden, die geringeren Kosten über die Preise an die
Endverbraucher*innen weiterzugeben.
Gaspreisdeckel: Gut, aber nicht gut genug.
Wir Jusos begrüßen, dass unsere Forderung nach einer Verhinderung der Gasumlage und
einer Deckelung des Gaspreises erfolgreich war. Die gestiegenen Energiepreise sind
maßgebliche Treiber der Inflation, sie zu begrenzen und gleichzeitig die Gasspeicher
zu füllen, ist somit einer der wichtigsten Hebel, um die Bürger*innen zu entlasten
und die Versorgung sicherzustellen. Trotzdem sehen wir Nachbesserungsbedarf bei der
Gaspreisbremse, wie sie von der Kommission vorgeschlagen wurde. Einerseits kommt sie
für Privathaushalte zu spät. Die Übernahme der Abschlagszahlung im Dezember reicht
nicht, um die Haushalte für die gestiegenen Kosten in diesem Winter zu entlasten.
Deshalb setzen wir uns für eine weitere Direktzahlung Anfang des Jahres und eine
Gültigkeit des Gaspreisdeckels ab Januar, auch für private Haushalte ein. Darüber
hinaus vermag die aktuelle Ausgestaltung der Gaspreisbremse nicht sicherzustellen,
dass einkommensarme Haushalte bei den Entlastungen stärker berücksichtigt werden, als
einkommensstarke Haushalte. Ganz im Gegenteil werden tendenziell jene Haushalte
bevorzugt, die im letzten Jahr einen hohen Verbrauch hatten, was häufig wohlhabendere
Haushalte begünstigen dürfte. Eine wirklich bedürfnisgerechte Ausgestaltung der
Gaspreisbremse steht jedoch in dem Zielkonflikt damit, dass die Entlastungen
möglichst schnell bei den Haushalten ankommen sollen und die Daten bei den
Versorger*innen über die Personenanzahl in den jeweiligen Haushalten erst erhoben
werden müssten. Deshalb kann derzeit nur eine annäherungsweise gerechte Ausgestaltung
durch eine gestaffelte Gaspreisbremse vorgenommen werden. Dafür fordern wir, dass ein
Sockelverbrauch (Vorschlag: 4.000 kWh) zu einem günstigeren Preis auf Vorkrisenniveau
(etwa 7 ct) gedeckelt wird. Bis zu einer festgelegten Obergrenze (Vorschlag: 25.000
kWh) gilt ein höherer gedeckelter Preis (etwa 14 ct), oberhalb dieser zweiten
Haltelinie findet keine Deckelung mehr statt. Damit würden einerseits Einsparanreize
beibehalten werden, gleichzeitig würden aber kleinere Wohnungen, in denen häufig
Menschen mit geringeren Einkommen leben, stärker entlastet. Sollten die Kosten auf
dem globalen Markt die Höhe der Preisdeckelung übersteigen, ist der Staat in der
Pflicht, diese Differenz zur Sicherstellung der Grundversorgung aufzufangen.
Weiterhin fordern wir die begrenzte Abzugsfähigkeit von gestiegenen Energiekosten im
Rahmen der Einkommenssteuer für Arbeitnehmer*innen und Selbstständige im Rahmen der
Einkommenssteuer, die nicht mit bereits bestehenden Pauschalen verrechnet wird. Neben
dieser konkreten Maßnahme zur Entlastung der Bürger*innen, setzen wir uns weiterhin
dafür ein, dass Unternehmen der Energieversorgung als Teil der Daseinsvorsorge
langfristig vergesellschaftet und nicht mehr nach gewinnwirtschaftlichen Prinzipien
betrieben werden.
Neben den Gaspreisen benötigen auch die Strompreise einen Deckel. Bisher ist die
Bundesregierung mit Details schuldig geblieben. Wir fordern, dass der Strompreis bis
zu einem Durchschnittsverbrauch von 1300 Kilowattstunden pro Person und Jahr auf
einen günstigen Preis auf Vorkrisen-Niveau gedeckelt wird. Nach dem Vorbild der
Gaspreisbremse fordern wir auch hier einen gedeckelten höheren Strompreis bis zu 2500
KWh. Oberhalb dieser zweiten Grenze findet keine Deckelung mehr statt.
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Entlastungen beim Wohnen
Bereits seit Jahren erleben wir einen stetigen Anstieg der Mieten. Besonders in
Ballungsräumen ist es inzwischen keine Seltenheit, dass Menschen mehr als 50% ihres
Einkommens für ihre Miete ausgeben. Hiervon besonders betroffen sind Gruppen, die
häufiger umziehen und somit nicht in den Genuss alter Mietverträge zu guten
Konditionen kommen, dazu gehören insbesondere auch junge Menschen. Die aktuelle
Inflation wird von Wohnungsunternehmen als vorgeschobenes Argument genutzt, die
Kaltmieten weiter zu erhöhen, ohne dass sie bis jetzt den Nachweis angetreten hätten,
wie die gestiegenen Energiepreise, die ohnehin von ihren Mieter*innen bezahlt werden,
sie besonders belasten. Erneut zeigt sich, dass ein kapitalistischer, von
Profitinteressen getriebener Markt nicht in der Lage ist, das Grundbedürfnis auf
Wohnen der Bevölkerung zu angemessenen Preisen zu bedienen. Deshalb bleiben wir
weiter bei unserer Forderung, dass langfristig mindestens 2/3 der Mietwohnungen in
öffentliche oder genossenschaftliche Hand überführt werden müssen.

Wohnraum absichern!
Gerade wenn die Preise in anderen Bereichen immer mehr steigen, ist es aber auch
notwendig bei den Mieten kurzfristige Entlastung zu schaffen. Allein eine
Neubauoffensive wird die Probleme der hohen Mieten nicht lösen. Deshalb setzen wir
uns für die kurzfristige Einführung eines bundesweiten Mietenstopps ein, um
Entlastung zu schaffen und zu verhindern, dass Wohnungsunternehmen aus der Krise
weiteren Profit schlagen. Der Mietenstopp soll auch für Staffel- und Indexmieten
gelten. Neben dem Mietenstopp setzen wir uns für die Einführung eines
Kündigungsmoratoriums sowie eines Moratoriums für Gas- und Stromsperren ein, um
Obdachlosigkeit zu vermeiden, wenn Menschen aufgrund der allgemein höheren Kosten
nicht mehr in der Lage sind, pünktlich ihre Miete zu begleichen, insbesondere die
Blockade der FDP und ihres Justizministers gilt es an dieser Stelle in der Koalition
zu brechen.
Künftig soll durch eine Reform der Empfänger*innenkreis für Wohngeld deutlich erhöht
werden - auf ca. 2 Millionen Empfänger*innen. Wir unterstützen diesen wichtigen
Schritt, obwohl es fraglich ist, ob die geplante Erhöhung wirklich ausreicht.
Außerdem sind bereits jetzt viele Ämter mit den Wohngeldanträgen überlastet. Deshalb
müssen die Verfahrenabläufe deutlich vereinfacht werden. Bisher teilen sich Bund und
Länder die Kosten für das Wohngeld: Die Erhöhung des Emfpänger:innenkreies belastet
die Länder zusätzlich. Wir fordern, dass der Bund die zusätzlichen Mehrkosten
übernimmt. jährliche Mietkostensteigerung.

Heizkosten
Die explodierenden Energiekosten treffen besonders Mieter*innen, die entgegen der
Bestimmungen der Heizkostenverordnung nicht verbauchsabhängig abgerechnet werden.
Besonders betroffen sind hier Wohnungen in Gebäuden mit Mischnutzung, da die
Glasfronten von Gewerbebetrieben einen deutlich höheren Energieverlust zu verzeichnen
haben. Daher fordern wir eine Erhöhung des Kürzungsrechts bei nicht
verbauchsabhängiger Abrechnung der Heizkosten von 30%.
Mieter*innen in unsanierten Wohngebäuden leiden unter besonders hohen Heizkosten.
Deshalb fordern wir eine anteilige Übernahme der Heizkosten bei Öl- und Gasheizungen
durch die Vermieter*innen, abhängig von der Energieeffizienzklasse des Wohngebäudes.
Diese Regelung soll auch für Mieter*innen gelten, die ihre Verträge direkt mit dem
Öl- bzw. Gaslieferant*innen abschließen müssen, z.B. weil das Gebäude über eine
Etagenheizung verfügt.

Höhere Löhne statt höhere Zinsen!
Die derzeitige Inflation wird nicht durch eine zu hohe Nachfrage verursacht, sondern
durch eine Verknappung des Angebots auf den Rohstoffmärkten und bestimmten
Gütermärkten. Sie wurde nicht durch eine Ausweitung der Geldmenge durch die EZB oder
zu hohe Löhne herbeigeführt. Eine Erhöhung der Leitzinsen wird mithin auch nicht die
Inflation bekämpfen, sondern droht ganz im Gegenteil, sich als großes Risiko für die
wirtschaftliche Erholung herauszustellen und die real verfügbaren Einkommen
insbesondere von einkommensarmen und mittelständischen Haushalten weiter zu
reduzieren.
Es braucht deshalb aktuell keine höheren Zinsen, sondern höhere Löhne. Wir
unterstützen deshalb die Gewerkschaften in ihrem Kampf für Tarifabschlüsse, die
mindestens die Inflation ausgleichen. Wir kämpfen insbesondere solidarisch an der
Seite der Kolleg*innen die Anfang 2023 in der Auseinandersetzung um den Tarifvertrag
öffentlicher Dienst (TVöD) (10,5%) und die aktuell laufende Tarifauseinandersetzung
Metall\&Elektro (8,0%), da die Tarifverträge nicht nur für die direkt Betroffenen
entscheidend ist sondern auch richtungsweisend für die Tarifabschlüsse von Millionen
Arbeitenden sein wird. Statt Einmalzahlungen bedarf es dauerhafter Erhöhungen des
Lohnniveaus, ebenso wie wir davon ausgehen, dass die aktuelle Inflation auch
dauerhaft das Preisniveau erhöhen wird. Im Rahmen der Handlungsmöglichkeiten soll die
Bundesregierung sich bspw. in der konzertierten Aktion, die Gewerkschaften in ihrem
Kampf für höhere Löhne unterstützten und Druck auf die Unternehmer*innen ausüben.
Zudem setzen wir uns insbesondere in Branchen mit geringer Tarifbindung dafür ein,
dass gezielt und verstärkt von der Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung
Gebrauch gemacht wird.
Zuletzt setzen wir uns dafür ein, dass der Mindestlohn, der im Oktober einmalig auf
12€ erhöht wurde, zum Beginn des nächsten Jahres auf 15€ angehoben wird, damit die
richtigerweise im Koalitionsvertrag vereinbarte einmalige Erhöhung nicht von der
Inflation aufgefressen wird.

Keine zusätzlichen Belastungen!
Neben den aktuellen ökonomischen Herausforderungen, die einen enormen Anstieg der
Lebenshaltungskosten mit sich ziehen, zeigen sich uns die anhaltenden Folgen der
pandemischen Lage - gerade das Gesundheitssystem betreffend. Das seit Jahren
chronisch unterfinanzierte Gesundheitswesen spürt nun in erheblicher Art und Weise
die fehlenden Investitionen und staatlichen Interventionen der letzten Jahre. Im Zuge
dessen hat sich über Jahre eine Finanzierungslücke im Gesundheitssystem aufgetan, die
nun durch eine Erhebung des Zusatzbeitrages - beschlossen im Sommer diesen Jahres -
mitunter ausgeglichen werden soll.
Für uns Jungsozialist*innen ist klar: in einer ökonomischen Krisenlage, in der der
überwiegende Anteil der Bevölkerung sich mit finanziellen Nöten konfrontiert sieht,
darf es keine zusätzlichen Belastungen für kleine und mittlere Einkommen geben! Aus
diesem Grund fordern wir Jusos ein zeitlich befristetes Moratorium, das den Anstieg
von Sozialversicherungsbeiträgen in den nächsten Jahren ausschließen soll. Die
Finanzierungslücke muss in diesem Fall durch das Hinzuziehen weiterer Steuermittel
übernommen werden.

Strukturelle Entlastungen
Daneben gilt es, die Lücken in unserem Sozialsystem insgesamt zu schließen. Unser
Sozialsystem ist in der aktuellen Form nicht zukunftsfähig, um die großen
Transformationen unserer Gesellschaft abfedern zu können. Resiliente Gesellschaften
sind solidarische Gesellschaften, in der die Gemeinschaft den Einzelnen gegen
Lebensrisiken versichert und ein soziales Sicherungssystem schafft, das auch bei
Krisen, dem Einzelnen soziale Sicherheit garantieren kann.

Bürger*innengeld
Die Abschaffung von Hartz IV und die Einführung des Bürger*innengeldes sind ein
richtiger und notwendiger Schritt, den wir Jusos bereits seit Langem erstreiten.
Dabei sind uns folgende Eckpunkte besonders wichtig, damit das Bürger*innengeld
substantielle Verbesserungen für die Betroffenen mit sich bringt und nicht nur einen
neuen Namen.
Die Regelsätze müssen rauf!
Die Regelsätze müssen das sozio-ökonomische und sozio-kulturelle Existenzminimum
umfassend absichern. Dafür bedarf es einer signifikanten Erhöhung der Regelsätze. Wir
wollen einmalig den Regelsatz auf 678€ erhöhen, um die Grundbedürfnisse der
Empfänger*innen abzudecken. Um eine armutsfeste Grundsicherung auch künftig zu
gewährleisten, muss die Berechnungsgrundlage der Regelsätze angepasst werden, sodass
auch zukünftig sichergestellt ist, dass das Existenzminimum durch den Regelsatz
umfassend abgedeckt wird. Zudem muss künftig sichergestellt werden, dass die
Regelsätze automatisch und vollständig mindestens an die Inflation angepasst werden.

Sanktionen weg!
Wir sind der Überzeugung, dass in einem Sozialstaat das Existenzminimum für jede*n
garantiert sein muss und jede*r Bürger*in einen Anspruch gegenüber dem Staat hat,
dass ihm dieses unabhängig von der eigenen Lebenssituation garantiert wird. Damit
sind Sanktionen der Sozialhilfe unvereinbar. Sie dienen nicht der besseren
Vermittlung der Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, sondern lediglich der
Einschüchterung und Stigmatisierung. Wir setzen uns deshalb weiter dafür ein, dass
das Bürgergeld vollständig mit der Sanktionslogik von Hartz IV bricht und die
Sanktionen abgeschafft werden.

Zuverdienstmöglichkeiten ausweiten
Für junge Erwachsene aus Familien, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, erweisen sich
vor allem die sehr stark beschränkten Zuverdienstmöglichkeiten als Armutsfalle. Sie
machen es unattraktiv, dass Jugendliche, die in einem gemeinsamen Haushalt mit ihren
Eltern leben, eine Beschäftigung aufnehmen, bei der sie einen Großteil des
Verdienstes wieder an den Staat abgeben müssen. Dadurch, dass sogar Teile der
Ausbildungsvergütung an das Jobcenter zurückgezahlt werden, vermindert die
Abschöpfung sogar die Attraktivität, eine Ausbildung anzutreten. Wir setzen uns
deshalb für eine vollständige Abschaffung der Zuverdienstbeschränkungen für junge
Erwachsene aus Familien in der Sozialhilfe ein.

Energiekosten vollständig übernehmen
Während die Kosten für die Heizung vom Jobcenter getragen werden, müssen
Bezieher*innen von Hartz IV aktuell ihre Stromkostenrechnung selbst bezahlen. Bei
steigenden Strompreisen stellt dies für viele vor allem im Moment eine extrem hohe
Belastung dar. Wir setzen uns dafür ein, dass Energiekosten gleich behandelt werden
und Stromkosten ebenso wie die Kosten für das Heizen von den Jobcentern vollständig
übernommen werden. Außerdem muss das Verfahren bei der Übernahme von Nachzahlungen
für Gas- und Stromkosten vereinfacht werden.

Kommunikation auf Augenhöhe
Ein weitere Änderung betrifft das Ziel, eine Kultur und Kommunikation auf Augenhöhe
zwischen den Arbeitsvermittler*innen und Arbeitssuchenden zu schaffen. Wir begrüßen,
dass durch das Bürger*innengeld eine neue Kultur geschaffen werden soll. Um dies
möglich zu machen, benötigt es allerdings eine ausreichende Ausstattung und einen
verbesserten Personalschlüssel.

Geflüchtete entlasten und Perspektiven schaffen
Durch den Krieg in der Ukraine sind viele Ukrainer*innen auf der Flucht. Ebenso
fliehen viele Russ*innen und versuchen so einem autokratischen Regime zu entkommen.
Wir lehnen verschärfte Einreisebedingungen in die EU, wie beispielsweiße für
Russ*innen, die sich weigern in diesem Angriffskrieg zu kämpfen, grundlegend ab! Für
uns steht fest, dass Deutschland ein sicherer Hafen sein muss, egal ob für die aus
Krisenherden fliehen. Deutschland muss den Anspruch haben, diesen Menschen Asyl und
Zukunftsperspektiven zu bieten. Daher braucht es schnelle und einfache Verfahren, die
es Menschen ermöglichen, zeitnah Anschluss und Sicherheit in Deutschland zu finden.
Jedoch müssen Geflüchtete auch überhaupt die Möglichkeit haben, zu uns zu gelangen.
Es ist unsere solidarische Verpflichtung legale und sichere Fluchtrouten zu schaffen!
Geflüchtete gehören zu der Gruppe, die durch die steigenden Preise vor allem bei
Lebensmitteln stark belastet werden. Die Regelsätze für Geflüchtete müssen denen der
Sozialhilfe angeglichen werden, Einmalzahlungen müssen ihnen gleichermaßen
zugutekommen. Zusätzlich darf es keine Sanktionierungen nach dem
Asylbewerber*innenleistungsgesetz mehr geben. Für Geflüchtete und Menschen im
Asylverfahren müssen einfache und gute Qualifizierungsmöglichkeiten geschaffen
werden, die sie dabei unterstützen, eine Beschäftigung oder Ausbildungsplätze in
Deutschland anzutreten. Dabei darf ihnen ihr Status als Asylbewerber*innen nicht im
Wege stehen, dauerhafte Arbeitsvisa zu erhalten, wenn sie eine solche Beschäftigung
finden. Eine Politik, die meint zwischen ‘guten’ und ‘schlechten’ Geflüchteten
unterscheiden zu können, erteilen wir eine entschiedene Absage. Klar ist für uns:
Kein Mensch ist illegal und das Recht auf ein Leben in Würde sollte jedem Menschen
garantiert werden unabhängig von Rassifizierungen, angenommener Religion oder
Herkunftsland. Auch Akteur*innen in unserer Mutterpartei, die eine solche
Unterscheidung als legitim erachten, stellen wir uns deshalb in den Weg.

Chancengleichheit für Kinder und junge Erwachsene
Nicht nur in Studium und Ausbildung ist es Aufgabe des Staates, dass Kinder und junge
Erwachsene die gleichen Chancen auf ihrem Lebensweg haben.
Aktuelle Zahlen belegen, dass in Deutschland etwa jedes fünfte Kind in Armut lebt.
Der Alltag eines armen Kindes in Deutschland ist geprägt von Mangelerfahrungen.
Dieser Mangel zeige sich in einem Mangel an finanziellen Mitteln, Fürsorge,
Aufmerksamkeit, Anerkennung, Zeit, Möglichkeiten der Freizeitgestaltungen sowie an
Perspektiven. Diese Armut und diesen Mangel lässt unser Staat zu. Mithilfe der
Kindergrundsicherung sollen armutsbetroffene Kinder und Jugendliche finanziell
entlastet werden. Bislang gibt es eine Vielzahl an Leistungen für Familien, bei denen
es den Anspruchsberechtigten häufig schwerfällt, den Überblick zu behalten. Die
Kompliziertheit des Systems führt damit im Ergebnis häufig dazu, dass Leistungen
nicht abgerufen werden. Die Einführung der Kindergrundsicherung muss hier zu einer
deutlichen Vereinfachung und damit zu einer Erleichterung der Geltendmachung der
bestehenden Ansprüche führen. Gleichzeitig darf es keinesfalls zu einer Absenkung des
Unterstützungsniveaus insgesamt führen, ganz im Gegenteil, Familien sind besonders
stark betroffen durch die aktuell steigenden Preisen und müssen dementsprechend auch
besonders entlastet werden.

Die Einführung der neuen Kindergrundsicherung muss Priorität für die Ampel haben und
sollte bis spätestens Mitte des Jahres 2023 kommen.

Die für Familien bedeutendste Leistung sind aktuell Kindergeld und Kinderfreibetrag,
die alternativ beansprucht werden können. Einkommensstarke Familien, die den
Kinderfreibetrag beanspruchen, profitieren im Ergebnis stärker davon. Die neue
Kindergrundsicherung soll einkommensärmere Familien durch die Auszahlung eines
erhöhten Basisbetrags stärker entlasten, während einkommensstarke Familien über die
Steuererklärung maximal einen Betrag in der Höhe des Basisbetrags der neuen
Kindergrundsicherung erhalten sollen.
Dabei muss der Basisbetrag der Kindergrundsicherung unter Berücksichtigung der
tatsächlichen Bedarfe ebenso wie der Preissteigerungen des letzten Jahres deutlich
angehoben werden. Statt bislang 237 sprechen wir uns für einen Basisbetrag in Höhe
von 300€ aus.
Für viele junge Menschen stellt die Überweisung des Kindergelds durch ihre Eltern
einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung dar. Nicht selten behalten Eltern aber das
Kindergeld ihrer volljährigen Kinder selbst ein und diese schrecken davor zurück,
ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Deshalb besteht ein wichtiger Teil der
Neuaufstellung der Kindergrundsicherung darin, dass volljährigen Kindern künftig die
Kindergrundsicherung auf ihr eigenes Konto überwiesen wird.

Klimageld
Als Maßnahme des dritten Hilfspakets wurde die Erhöhung des CO2-Preises weiter
verschoben. Als Jusos teilen wir die Überzeugung, dass ein Teil der Strategie zur
Bekämpfung des Klimawandels auch die Bepreisung von CO2 ist, sofern für die dadurch
Belasteten die Möglichkeit besteht, auf klimafreundliche Verhaltensweisen
umzusteigen. Gerade einkommensarme Gruppen sind jedoch durch derartige Bepreisungen
im Verhältnis zu ihrem gesamt verfügbaren Einkommen stärker betroffen. Diese soziale
Härte gilt es auszugleichen. Wir unterstützen deshalb, dass spätestens mit der
Erhöhung des CO2-Preises ein Klimageld eingeführt wird, dass degressiv abschmilzt, je
höher das Einkommen ist und damit Menschen mit geringen Einkommen stärker entlastet.
Dadurch sollen die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung vor allem einkommensärmeren
Gruppen überproportional zugutekommen und gleichzeitig die gewünschte Anreizwirkung
des Preismechanismus erhalten bleiben.

Solidarische Finanzierung
Wir wehren uns gegen die Erzählung, dass in der Krise alle den Gürtel enger schnallen
müssten. Verantwortungsvolle und sozial gerechte Politik sollte hingegen dafür
sorgen, dass diejenigen die Rechnung zahlen, die sich in den letzten Jahren
regelmäßig größere Gürtel kaufen mussten, weil sie immer auf der Gewinner*innenseite
der kapitalistischen Wohlstandslotterie standen. Außerdem gilt es, endlich die
Fesseln der Schuldenbremse abzuschütteln, die die Handlungsfähigkeit der Politik
künstlich begrenzt.

Die Schuldenbremse muss weg
Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten, ist es notwendig, dass der Staat sich
die Möglichkeit vorbehält, auch soziale Ausgleichsmaßnahmen über die Aufnahmen von
Schulden zu finanzieren. Die Schuldenbremse schränkt die Handlungsspielräume des
Staates zu stark ein. Deswegen bleiben wir bei unserer grundsätzlichen Ablehnung und
setzen uns dafür ein, dass die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz gestrichen wird
(Vgl. Beschlussbuch 2021 Antrag W3). Kurzfristig setzen wir uns dafür ein, die
bestehenden Spielräume zu nutzen und die Schuldenbremse für die kommenden Haushaltsjahre auszusetzen.

Einmalige Vermögensabgabe
Seit dem Ende der Finanzkrise sind die privaten Vermögen in Deutschland immer stärker
gewachsen. Immer mehr Einkommen wird über Kapitalerträge statt über Arbeit generiert.
Dabei besitzen die reichsten 10% deutlich mehr als die Hälfte des Vermögens, während
die ökonomisch Schwachen in der Gesellschaft kein Vermögen besitzen oder sogar
verschuldet sind. Diese zunehmend ungleiche Verteilung ist Resultat der
systemimmanenten Akkumulations- und Konzentrationsprozesse im wirtschaftlichem System
Kapitalismus und führt zu unerträglichen gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten. Es
gilt, die Reichsten der Reichen gerade jetzt zur Finanzierung der Kosten der Krise
heranzuziehen. Dafür setzen wir uns für eine einmalige Vermögensabgabe auf Privat-
und Betriebsvermögen ab zwei, bzw. 5 Millionen in Höhe von 10 bis 30% (progressiv
ansteigend). Ab einem Vermögen von 50 Mio. soll eine Abgabe von 50% gelten. Die
Steuerschuld soll dabei über mehrere Jahre abgetragen werden können. Diese einmalige
Abgabe soll sowohl zur Finanzierung der Kosten der Krise beitragen, als auch eine
einmalig wirkende Korrektur der zunehmenden Ungleichverteilung der Vermögen bewirken.
Um Fehlanreizen entgegenzuwirken, liegt der allgemeine Bewertungsstichtag in der
Vergangenheit.

Übergewinnsteuer
Gerade in der Krise haben Unternehmen hohe Gewinne gemacht. Vor allem
Energieunternehmen, Rüstungsunternehmen, aber auch Unternehmen in anderen Branchen
haben die allgemeine Inflation dafür genutzt, ihre Produkte stärker als notwendig zu
verteuern und ihre Profite damit zu erhöhen. Neben den gestiegenen Energiekosten hat
diese "Gewinn-Preis-Spirale" die allgemeinen Lebenshaltungskosten weiter erhöht.
Diese Bereicherung auf Kosten der ökonomisch Schwachen in einer Krise darf politisch
nicht hingenommen werden. Die Übergewinne der Unternehmen müssen abgeschöpft und zur
Finanzierung der Kosten der Krise herangezogen werden. Wir wollen diese Übergewinne
effektiv besteuern. Dabei ist es unser Ziel, dass von Unternehmen, die durch die
Krise Übergewinne gemacht haben, 90% dieser Übergewinne abgeschöpft werden. Dabei
begrüßen wir eine einheitliche und nicht auf einzelne Branchen begrenzte europäische
Regelung, die rückwirkend für das Jahr 2022 wirken muss. Sollte diese jedoch entweder
nicht rückwirkend in Kraft treten, Branchen, die in der Krise Übergewinne gemacht
haben, außer Acht lassen oder der Höhe nach hinter unseren Zielvorstellungen
zurückbleiben, ist sie durch eine bundesrechtliche Lösung zu ergänzen, die ebendies
sicherstellt. In diesem Zuge muss auch das Kartellrecht verschärft werden und
zulassen, dass bei Machtmissbrauch Konzerne zerschlagen werden können. Zudem müssen
Gewinne von Kapitalgesellschaften stärker (progressiv) besteuert werden.