Beschluss P1: Keine Übernahme homöopathischer Mittel durch die Krankenkassen
Aktuell übernehmen viele gesetzliche Krankenkassen homöopathische Behandlungen. Häufig
werben sie sogar explizit damit und preisen die Mittel als “sanfte Medizin” oder
“Naturheilverfahren” an.
Dabei klingt die Idee hinter der Homöopathie sehr einfach. Ähnliches soll mit Ähnlichem
behandelt werden, dafür werden die “Wirkstoffe”, meist Mineralien oder Pflanzen, extrem stark
verdünnt, da sie in Reinform zu starke Reaktionen auslösen würden. Es gilt angeblich: Je stärker
verdünnt, desto wirksamer das Mittel.
Dabei gibt es keinerlei wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit von homöopathischen
Mitteln. Im Gegenteil, in den so stark verdünnten Mitteln lassen sich häufig kaum noch Moleküle
der Ursprungssubstanz nachweisen.
Für die Zulassung der Homöopathika gilt der sogenannte “Binnenkonsens” – der
Wirksamkeitsnachweis gilt als erbracht, wenn Homöopath*innen die Wirksamkeit bescheinigen.
Klinische Studien sind, anders als bei anderen Arzneimitteln, nicht notwendig.
Doch es gibt nicht nur keine Krankheit, gegen die homöopathische Mittel über den Placebo-
Effekt hinaus wirken; die alleinige Anwendung kann bei ernsthafter Erkrankung, die
leitlinienbasierte schulmedizinische Behandlung erfordert, sogar gefährlich sein, wenn durch
unwissenschaftliche Versprechungen der Konzerne, die Homöopathika produzieren, deren
Wirksamkeit vorgetäuscht wird.
Wir fordern deshalb:
- Homöopathische Mittel dürfen nicht mehr durch die Krankenkassen übernommen werden.
- Abschaffung des „Binnenkonsens“ im Gesundheitsversicherungswesen: die Streichung der
Formulierung, dass wissenschaftliche Erkenntnisse „in der jeweiligen Therapierichtung“
ausreichen, damit neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf Kosten der
Krankenkassen erbracht werden dürfen, aus § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V.
- Streichung des Rechts der „maßgeblichen Dachverbände der Ärztegesellschaften der
besonderen Therapierichtungen“ (= Dachverbände homöopathischer, anthroposophischer und
phytotherapeutischer (pflanzenheilkundlicher) Ärzt:innen) vor dem Beschluss von Richtlinien
durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, welche u.A. die Verordnung von Arzneimitteln und
deren Kostenübernahme durch die Krankenkassen betreffen, angehört zu werden, aus § 92
Abs.3a Satz 1 SGB V. Ausgenommen von dieser Forderung sind Dachverbände
phytotherapeutischer Ärztegesellschaften bei Richtlinien, welche die Verordnung und
Kostenübernahme pflanzlicher Arzneimittel mit wissenschaftlich-medizinisch anerkanntem
Wirknachweis betreffen.
- Aufnahme homöopathischer Mittel in § 2 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG): Homöopathika dürfen
nicht mehr als Arzneimittel geführt werden, somit würde auch die Apothekenpflicht für diese
Präparate aufgehoben werden.
- Streichung der Verfahren zur Zulassung von Arzneimitteln der Therapierichtungen Homöopathie
und Anthroposophie aus § 25 Absätze 6-7a AMG.
- Eine Pflicht zum Abdrucken eines Hinweises auf Homöopathika, dass es sich nicht um
Arzneimittel handelt und dass die Wirksamkeit nicht erwiesen ist. Soweit die Richtlinien
2001/83 und 2004/27 der Europäischen Union der Umsetzung dieser Forderungen
entgegenstehen, fordern wir die S&D-Fraktion im Europäischen Parlament dazu auf, eine
Aufhebung bzw. entsprechende Novellierung der Richtlinie anzustreben.