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P2 2022
Das Gebären den Gebärenden, nicht Patriarchat und Kapitalismus!

Antrag P02: Das Gebären den Gebärenden, nicht Patriarchat und Kapitalismus!

Der Beruf der Hebamme ist einer der ältesten „Frauenberufe“ der Welt. Trotz der
elementaren Bedeutung dieses Berufs für die Gesellschaft haben Hebammen mit vielen
Ungerechtigkeiten zu kämpfen: Sie werden zum Beispiel vergleichsweise niedrig
vergütet trotz ihrer hohen Verantwortung für die Gebärenden und die Kinder. Hebammen
fehlt es auch an Entscheidungsmacht während des Geburtsprozesses, da sie in Kliniken
in der Hierarchie weit unter den Ärzt*innen angesiedelt sind. So dürfen sie viele
Entscheidungen nicht selbstständig treffen, obwohl sie die Kompetenz dazu hätten, und
müssen Ärzt*innen konsultieren. Meistens sind Hebammen für mehrere Geburten
gleichzeitig verantwortlich und können dadurch keine persönliche und zeitintensive
Betreuung garantieren, die während der Geburt so wichtig wäre. Diese Faktoren stellen
alle einzeln, aber vor allem gemeinsam, eine enorme Belastung dar, die zu Burn-Out
führen kann. Viele Hebammen erwägen, den Beruf ganz hinter sich zu lassen. In
Deutschland herrscht bereits ein Hebammennotstand und Gebärende müssen um eine
Betreuung bangen.
Ohne eine gerechte Behandlung von Hebammen und eine armutssichere Bezahlung kann
keine professionelle und selbstbestimmte Geburt gewährleistet werden.

Ohne gute Arbeitsbedingungen für Hebammen kein selbstbestimmtes Gebären
Gebärende sollen selber entscheiden können, wie und wo sie gebären wollen.
Selbstbestimmung im Geburtsprozess ist essentiell für einen gesunden und angenehmen
Geburtsprozess und die Beziehung von Eltern und Kind. Diese Selbstbestimmung
scheitert häufig schon an der Wahl des Geburtsorts. Theoretisch ist es das Recht der
Gebärenden zu entscheiden, wo das Kind zur Welt kommen soll; praktisch ist dies dank
Hebammennotstand häufig nicht möglich. Es gibt schlicht nicht überall genügend
Hebammen, um schwangere Menschen vor Ort zu betreuen. Diese Notlage wird vor allem
dadurch verschärft, dass ein Großteil der Hebammen ihren Beruf aufgrund der hohen
Belastungen nicht in Vollzeit ausüben kann. Dabei ist dieses Problem auf keinen Fall
nur eines im ländlichen Raum: Im bundesweiten Vergleich befindet sich Berlin auf dem
vorletzten Platz, was die Verfügbarkeit einer Hebamme für das Wochenbett - also die
Betreuung der Eltern durch die Hebamme während der ersten Wochen nach Geburt -
angeht. Junge Eltern profitieren daher zu häufig nicht von der Expertise, die
Hebammen ihnen bieten könnten.
Eine flächendeckend und ausreichend verfügbare Betreuung ist wichtig, damit werdende
Eltern mit der Verantwortung wichtiger Entscheidungen bezüglich des Geburtsprozesses
nicht alleine gelassen werden. Denn eine rein informative Aufklärung reicht oftmals
nicht aus; geburtsmedizinische Entscheidungen müssen von Fachpersonal begleitet
werden. Dafür braucht es eine funktionierende und vertrauensvolle Care-Beziehung
zwischen werdenden Eltern und Hebamme. Das ökonomisierte Geburtshilfesystem
verhindert oft flächendeckende Möglichkeiten funktionierender Care-Beziehungen. Daher
ist es dringend nötig, dass sich die Arbeitsbedingungen für Hebammen verbessern,
damit alle Personen so gebären können, wie sie wollen.
Akademisierung des Hebammenberufs
Mit dem 2020 beschlossenen Hebammengesetz, das einer EU-Richtlinie zur Angleichung der Standards der Geburtshilfe in Europa folgt, wird der Hebammenberuf bis 2027
vollständig akademisiert sein. Angehende Hebammen müssen daher von nun an zur
Berufsvorbereitung ein Studium der Geburtshilfe abschließen. Wir unterstützen diese
Entwicklung. Die Vorteile der Akademisierung liegen hierbei in der Stärkung des
Hebammenberufs, einem bundesweit einheitlichen Lehrplan und die damit einhergehende
überall gleichwertige Wissensvermittlung und einer Berufsausbildung auf höchstem
Niveau. Außerdem befähigt eine akademische Ausbildungen Hebammen dazu, selbst
akademisch tätig zu werden.
In der Akademisierung der Geburtshilfe liegt daher die große Chance, Abläufe und
Probleme des Berufs in einem institutionellen Rahmen aus der Perspektive der Hebammen
zu analysieren und dadurch aktiv auf die Verbesserung der Geburtserfahrung von innen
heraus hinzuwirken. Wir fordern in diesem Kontext vor allem Studien in Bezug auf
Rassismus während der Geburt und den Umgang mit BIPoC-Gebärenden, sowie alternative
Geburtsabläufe.
Verbesserung der Qualität der Ausbildung:
Gute Arbeit kann nur gelingen mit einer guten Ausbildung. Momentan sind die meisten
Kreißsäle so knapp besetzt, dass Studierende der Geburtshilfe während ihrer
Praxiseinsätze nicht adäquat betreut und angeleitet werden können. Um eine gute
Qualität der Ausbildung von Hebammen bzw. des praktischen Teils des Studiums zu
garantieren, muss daher dafür gesorgt werden, dass flächendeckend ausreichend
Praxisanleiter*innen in Kreißsälen zur Verfügung stehen. Wir fordern diesbezüglich
die Schaffung von finanziellen Anreizen und niedrigschwellige Fortbildungen.
Folgen aus der Akademisierung auf die Arbeitsrealität der Hebammen:
Aus der Akademisierung des Hebammenberufs kann sich konkret die Gesundheit aller
Gebärenden verbessern: Durch Forschung steht den Hebammen zusätzlich ein konkretes
evidenzbasiertes Wissen zur Verfügung, auf das sie sich stützen und nach dem sie
handeln können. Die Entscheidungsverantwortung von Hebammen sollte so auch gestärkt
werden, was Handlungsabläufe während des Geburtsprozesses langfristig vereinfachen
würde. Diese Handlungsabläufe im Klinikalltag können nur gelingen, wenn sich das
gesamte Personal auf Augenhöhe begegnen kann – unabhängig des akademischen Grads –
und spezifisches Wissen wertgeschätzt wird. Ob Studium oder kein Studium, ob Ärztin
oder Hebamme: Sie alle leisten einen enormen und gleichwertigen Beitrag zur
gesundheitlichen Versorgung. Ohne ihre Leistungen und ihre Expertise auf ihrem
jeweiligen Berufsfeld würden die Krankenhäuser nicht laufen
Dies muss mit mehr Unterstützung für Hebammen einhergehen: Mehr Verantwortungslast
bedeutet auch, dass mehr Assistenz im Kreißsaal notwendig ist, um die Hebammen zu
entlasten. Wir fordern daher mehr assistierendes Personal im Kreißsaal wie
administrative Hilfskräfte oder Reinigungspersonal.
Erwerb des nachträglichen Bachelorabschlusses
Während wir die Akademisierung der Hebammenausbildung begrüßen, geht daraus die
Gefahr einer Spaltung des Berufs hervor. Ungleichheiten darf es innerhalb des
Berufszweiges auf keinen Fall geben; eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter studierten
und ausgebildeten Hebammen ist nicht akzeptabel. Unterschiedliche Bezahlungsstandards
darf es unter keinen Umständen geben, auch die Flexibilität und Mobilität, die der
standardisierte Abschluss bietet, muss allen Hebammen zugutekommen.

Um der Entstehung von Ungleichheiten zwischen verschiedenen Generationen an Hebammen
entgegenzuwirken, braucht es daher flächendeckend Angebote für ausgebildete Hebammen,
um nachträglich einen Bachelorabschluss zu erwerben.
Wir fordern daher ein Modell der Weiterbildung und der nachträglichen Aneignung des
Bachelorabschlusses für bereits etablierte Hebammen wie das Hochschulsystem in der
Schweiz es vorsieht: Der nachträgliche Erwerb eines akademischen Abschlusses ist für
Hebammen in der Schweiz seit 2009 möglich. Um sich für den nachträglichen
Bachelorabschluss zu qualifizieren, müssen schweizerische ausgebildete Hebammen
mindestens zwei Jahre Berufspraxis vorweisen können. Zudem müssen sie ein Nachdiplom
im Umfang von zehn ECTS an einer Hochschule erwerben.
Angelehnt an dieses System fordern wir für die Bundesrepublik eine Regelung zum
niedrigschwelligen Erwerb des nachträglichen Bachelorabschlusses. Ausgebildete
Hebammen mit mindestens zwei Jahren Berufserfahrung sollen demnach nach dem Bestehen
von Modulen aus dem Komplex des wissenschaftlichen Arbeitens im Umfang von mindestens
zehn ECTS an einer staatlich anerkannten Hochschule den Bachelorabschluss
nachträglich erreichen.
Ökonomisierung der Geburtshilfe: Das DRG-System muss weg
Deutsche Kliniken rechnen über das Diagnosis-Related-Groups-System (DRG) ab. Dabei
werden Patient*innen nach bestimmten Parametern (u. a. Diagnose, Prozeduren, Alter,
Geschlecht, Verweildauer, Entlassungsart) in diagnosebezogene Fallgruppen eingeteilt.
Die Klinik erhält dann pro Patient*in eine bestimmte begrenzte Fallpauschale.
Besonders lohnend ist es hierbei für Kliniken möglichst viele Fälle abzurechnen, bei
denen möglichst ertragreiche Interventionen vom Klinikpersonal durchgeführt wurden
(z. B. Ultraschall, Röntgen, Verabreichung von Medizin, operative Eingriffe).
Geburten, die mit wenig Eingreifen der Hebammen (d. h. interventionsarm) und über
einen längeren Zeitraum hinweg stattfinden, sind hierbei ein Minusgeschäft. Das
Fallpauschalensystem setzt Hebammen unter Druck, möglichst viele Geburten in
möglichst kurzer Zeit durchzuführen. Anstatt den natürlichen Prozessen einer Geburt
Zeit zu geben, werden so Interventionen während der Geburt gefördert und öfter als
notwendig eingesetzt, weil sie die Dauer der einzelnen Geburt verkürzen sollen und
die Fallpauschale erhöhen. Zu diesen Interventionen gehören z. B. die Verabreichung
von wehenfördernden Mitteln, vaginaloperativen Geburtsbeendigungen und
Kaiserschnitte. Häufig bedingen sich diese Formen der Intervention durch weitere
Interventionen wie die Verabreichung schmerzlindernder Mittel oder der künstlichen
Geburtseinleitung gegenseitig in Form von Interventionskaskaden.
Das kann neben dem immensen Druck für Hebammen auch zur Folge haben, dass Gebärende
während der Geburt verstärktem Stress ausgesetzt sind, oft das Gefühl haben nicht
selbstbestimmt gebären zu können und Gewalterfahrungen unter der Geburt erleiden.
Geburten, die kapitalistischen Effizienzansprüchen genügen müssen, sind zutiefst
unwürdig für Gebärende und Hebammen und haben z. T. verheerende mentale wie physische
Folgen für Gebärende und sind damit nicht tolerierbar.
Das DRG- bzw. Fallpauschalensystem muss abgeschafft werden. Stattdessen muss eine
Krankenhausfinanzierung eingeführt werden, die bedarfs- und qualitätsorientiert ist.
Das neue System muss die individuelle Berechnung der erbrachten Leistungen und des
zeitlichen Aufwands ermöglichen, damit auch zeitintensive Tätigkeiten, wie interventionsarme Geburten, entsprechend vergütet werden können.
Gesundheitsversorgung gehört in die öffentliche Hand. Krankenhäuser sollten staatlich
statt privat und profitorientiert betrieben werden.
Haftpflichtproblematik
Alle Tätigkeiten, die Hebammen durchführen, müssen versichert sein, denn sollten
während der Geburt Fehler passieren und Gebärende oder Babys zu Schaden kommen,
müssen deren Nachbehandlungen bezahlt werden. Das sind Kosten, die eine Hebamme
selbst nicht stemmen kann. Eine Haftpflichtversicherung ist daher zwingend
erforderlich. Durch die Nachhaftung, die noch bis zu 30 Jahre nach der
stattgefundenen Geburt greift, benötigen sie einen Versicherungsschutz, der jeden
möglichen Geburtsschaden abdeckt. Durch die lange Verjährungsfrist kann es passieren,
dass die Hebamme erst im Rentenalter davon betroffen ist. Dadurch entsteht eine
unkalkulierbare Kostensituation. Während angestellte Hebammen im Regelfall über ihr
Arbeitsstelle versichert sind, müssen freiberufliche Hebammen diese Versicherung
selbst organisieren.
Nachdem Deutschlands freiberufliche Hebammen jahrelang unter den rapide steigenden
Versicherungssummen gelitten und eine politische Lösung gefordert haben, wurde durch
eine Gruppenversicherung Abhilfe geschaffen. Der Gruppenversicherungsvertrag zwischen
dem Deutschen Hebammenverband (DHV) und dem auf dem Markt verfügbaren
Versicherungskonsortium wurde kürzlich bis 2024 verlängert. Die Deckungssumme der
Gruppenversicherung wurde 2020 zudem mit Blick auf die steigenden Kosten bei schweren
Geburtsschäden auf 12,5 Millionen Euro angehoben.
Gruppenversicherung:
Die Gruppenversicherung beschreibt eine Art der Versicherung, bei der eine Gruppe von
Personen gemeinsam einen Versicherungsvertrag gegen ein bestimmtes Risiko abschließt.
Freiberufliche Hebammen sind so über den DHV gegen Geburtsfehler und - schäden
versichert.
Ein großer Vorteil der Gruppenversicherungen ist, dass Hebammen nun nicht mehr selbst
haften, sondern über den Verband abgesichert sind. Finanzielle Entlastung bringt
diese Regelung allerdings nur bedingt.
Sicherstellungszuschlag:
Was jedoch eine echte Erleichterung der finanziellen Lage freiberuflicher Hebammen
mit sich bringt, ist der Sicherstellungszuschlag. So erhalten Hebammen, die die
notwendigen Qualitätsanforderungen erfüllen, auf Antrag einen Sicherstellungszuschlag
ausgezahlt, der die Last der Haftpflichtversicherung lindern soll. Die
Qualitätsanforderungen sehen hierbei vor, dass Hebammen jährlich mindestens vier
Geburten betreuen; die Anforderungen sind also niedrigschwellig gehalten.
Etablierte Hebammen sind somit in großen Teilen von der finanziellen Last der
Haftpflichtversicherung befreit; nur für Berufseinsteiger*innen stellt diese
weiterhin ein Problem da, denn der Sicherstellungszuschlag kann nach frühestens sechs
Monaten beantragt werden. Den Versicherungsbeitrag für die ersten sechs Monate der
Arbeitszeit, welcher gut und gerne mehrere tausend Euro beträgt, muss die junge
Hebamme selbst vorstrecken, was weiterhin eine Hürde darstellt. Hier besteht
Nachbesserungsbedarf.

Auch die Abzüge, die Krankenkassen vom Sicherstellungszuschlag einziehen können,
stellen weiterhin ein Problem da. Die Differenz zwischen dem ausbezahlten
Sicherstellungszuschlag und der realen Haftpflichtprämie müssen freiberufliche
Hebammen aus eigener Tasche zahlen.
Es bedarf daher einer Entbürokratisierung des Sicherstellungszuschlags, um vor allem
berufseinsteigende Hebammen zu entlasten, sowie einer staatlichen Kostenübernahme der
Differenz zwischen dem ausgezahlten Sicherstellungszuschlag und der tatsächlichen
Haftpflichtprämie. Geburtshilfe darf kein finanzielles Risiko für Hebammen sein!

Arbeitslast der Hebammen
Die Betreuung, die Hebammen in Versorgungseinrichtungen leisten, ist äußerst
anspruchsvoll. In Deutschland ist es gängige Praxis, dass Hebammen mehrere Gebärende
gleichzeitig bei der Geburt betreuen müssen. Dies ist mit hohem mentalen und
physischen Stress verbunden. Nicht nur für die Hebammen, sondern ebenfalls für die
Gebärenden. Die Zielsetzung, während des gesamten Geburtsprozesses eine Hebamme an
der Seite zu haben, ist im Alltag allzu oft nicht realistisch. Eine deutschlandweite
Umfrage aus dem Jahr 2015 ergab, dass fast die Hälfte der 1700 befragten Hebammen
sich um drei (!) Geburten gleichzeitig kümmert. Aktuellere Zahlen aus dem Jahr 2017
liegen für Sachsen vor. Danach können 17,5 % der Hebammen tatsächlich eine Eins-zu-
Eins-Betreuung gewährleisten, während mehr als 50 % mindestens zwei Geburten
gleichzeitig betreuen müssen.
Der Hebammenmangel in Kliniken wurde bereits vor vielen Jahren von den
Hebammenverbänden angeprangert und macht sich jetzt verstärkt bemerkbar. Um diesen
Mangel zu beheben, ist es erforderlich die Arbeitsbelastung der Hebammen zu
reduzieren, sodass der Beruf attraktiv ist und auch bleibt.
Für Gebärende ist die Geburt ein prägendes Erlebnis. Eine bestmögliche Betreuung vor,
während und nach der Geburt kann nur durch nicht überlastete Hebammen erreicht
werden. Dies steht im Interesse aller beteiligten Personen.
Der Koalitionsvertrag sieht eine Eins-zu-Eins-Betreuung während der Geburt vor. Wir
fordern die rasche Umsetzung. Dies ist bei weitem kein utopisches Ziel. Das
Vereinigte Königreich hat beispielsweise eine Eins-zu-Eins-Betreuung gesetzlich
verankert und ihre Geburtshilfe darauf ausgerichtet. Hierfür muss es eine
Refinanzierung der Kosten bis zu einer Erreichung des Eins-zu-Eins-Ziels geben.
Konkret, ist es erforderlich, dass die Kosten für die Aufstockung erforderlicher
Voll- und Teilzeit-Beschäftigter vom Bund getragen werden.
Zusätzlich zu der Umsetzung der Eins-zu-Eins-Betreuung müssen die Daten über die
aktuell existierenden Betreuungsschlüssel durch die Versorgungsunternehmen
transparent gemacht werden. Dies führt zu einem Informationsgewinn für Hebammen und
gibt somit eine weitere Argumentationsgrundlage für die Verbesserung der
existierenden Arbeitsbedingungen. Zusätzlich gibt es den Versorgungsunternehmen
selbst Transparenz über die eigene Situation in den Kreißsälen.
Diese Forderung ist ein Schritt in die Richtung der Verbesserung der
Arbeitsbedingungen der Hebammen und der Verbesserung der Geburten. Langfristig ist
eine Neuausrichtung des Gesundheitssystems erforderlich.

Forderungen

Die aktuellen Probleme für Hebammen sind groß, die Corona-Situation hat dies noch
einmal deutlich vor Augen geführt. Die Zukunft muss den Hebammen die Möglichkeit
geben, ihren gewählten Beruf ausüben zu können, ohne Existenzängste zu haben oder
mentale oder physische Belastungen zu verspüren. Ihre Kompetenzen liegen in der
Begleitung Gebärender vor, während und nach der Geburt und die Ausübung dessen muss
ermöglicht werden.
Daher fordern wir konkret:

  • Hebammengeleitete Studien zur Verbesserung der Geburtserfahrung, um Hebammen mit

    einer stärker evidenzbasierten Geburtsmedizin Instrumente für eine verbesserte
    Geburtserfahrung an die Hand geben zu können.

  • Eine stärkere Förderung von Praxisanleiter*innen in Kreißsälen

  • Das niedrigschwellige Angebot zum Erwerb eines nachträglichen

    Bachelorabschlusses

  • Die Abschaffung des DRG- bzw. Fallpauschalensystems und Einführung einer

    Krankenhausfinanzierung, die bedarfs- und qualitätsorientiert ist

  • Maßnahmen zur Transparenz über aktuelle Betreuungsschlüssel in Kreißsälen

  • Die Entbürokratisierung des Sicherstellungsszuschlags

  • Eine Verminderung der Arbeitslast von Hebammen, v. a. durch eine flächendeckende

    Aufstockung an Stellen und durch eine verstärkte Förderung von Hilfspersonal in
    Kreißsälen

  • Die Eins-zu-Eins Betreuung für jede Geburt

  • Großflächiger Ausbau und Finanzierung von Studienplätzen ohne NC

    die Etablierung einer staatlichen Meldestelle, bei der Gebärende ihre Probleme
    rund um die Geburt anonym melden
    können

  • Regelmäßige Fortbildungen, ermöglicht durch Arbeitgeber*innen, für das gesamte

    Team der
    Geburtshilfe in traumasensibler und traumatisierungsvermeidender
    Geburtsbegleitung

  • Supervision für Hebammenteams in Kliniken (Angebot der psychologischen

    Seelsorge)

  • Mehr Raum für Techniken der Selbstreflektion, auch über Macht, sowie eine

    Verankerung
    von Stressbewältigung in die Ausbildung der Hebammen (und weitere Berufsgruppen
    in der Geburtshilfe)