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Beschlussarchiv

U1 2023
Gutes Klima und gute Beschäftigung: Unsere Strategie für die Transformation unserer Industrie

Einleitung

Wir wollen die Klimawende in der Industrie sozial nachhaltig gestalten. Insbesondere gilt es, den Beschäftigten in der Industrie die Sicherheit zu geben, dass die ökologische Transformation des industriellen Sektors nicht zu ihren Lasten gehen wird und ihre Arbeitsplätze zu guten Bedingungen erhalten bleiben. Wir wollen, dass Europa seinen Beitrag dazu leistet, die industrielle Produktion in Einklang mit den Klimazielen zu organisieren. Während es den Kapitalist*innen egal ist, wo, zu welchen Arbeitsbedingungen und unter welchen ökologischen Standards produziert wird, sehen wir uns gemeinsam mit den Gewerkschaften in der Verantwortung gute Beschäftigung in der Industrie weiterhin in der EU zu gewährleisten.

Unser Sozialismus ist nachhaltig. Wir grenzen uns von einem kapitalistischen System ab, das grundsätzlich auf der Ausbeutung von Menschen ebenso wie der Natur beruht. Wir wollen uns der Aufgabe stellen, unsere Industrie möglichst schnell klimaneutral zu machen und damit eine gute Zukunft für die Beschäftigten in der Industrie zu garantieren.

Energiewende

Um die ökologische Transformation der Industrie zum Erfolg zu führen ist die Verfügbarkeit von klimaneutral erzeugter Energie wesentlicher Faktor. Durch die Elektrifizierung des Verkehrssektors, der zunehmenden Bedeutung von Elektrizität bei der Wärmeerzeugung und der Umstellung industrieller Prozesse, die bislang auf fossilen Energieträger angewiesen waren, auf Strombetrieb wird der Bedarf an Elektrizität enorm zunehmen. Das Fraunhofer Institut geht von einem zusätzlichen Bedarf von +11 % bis 2030 im Vergleich zu 2018 aus. Dafür wird ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien, der Stromnetze und der Speichertechnologie erforderlich sein, um die starken Schwankungen in der Energieerzeugung auszugleichen, die bei der erneuerbaren Energieerzeugung auftreten.

Ausbau erneuerbare Energien

Geografisch eignet sich Deutschland insbesondere gut zur Erzeugung von Windenergie. An Land und auf See gilt es, den Ausbau von Windkraftanlagen voranzutreiben.

An Land ist zum Erreichen der Ausbauziele erforderlich, perspektivisch 2 % der Landfläche für die Windkraft zu nutzen. Das Energie-an-Land-Gesetz sieht vor, bis 2027 1,4 % als Zwischenziel zu erreichen. Um den Ausbau zu beschleunigen, gilt es, dieses Zwischenziel bereits auf 2025 vorzuverlegen.

Insbesondere die südlichen Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen sperren sich dabei gegen den Ausbau der Windkraft, indem sie wie Bayern durch völlig übertriebene Abstandsregelungen oder die Verschleppung von Genehmigungsverfahren den Windenergieausbau blockieren. Die Spielräume der Länder zu einer solchen Blockadehaltung sollen geschlossen werden, indem die Öffnungsklausel für die Länder zur Festlegung von Mindestabstandsflächen aus dem BauGB gestrichen wird und über eine einheitliche Bundesregelung bestehende Regelungen der Länder aufgehoben werden.

Neben dem Windkraftausbau wird die Solarkraft einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, ausreichend erneuerbare Energie zu produzieren. Viele Hauseigentümer*innen nutzen bereits bestehende Fördermaßnahmen und kommen dadurch in den Genuss günstiger Energie, die sie selbst verbrauchen. Es gilt insbesondere, Mieter*innen stärker an den Vorteilen grüner Energieerzeugung zu beteiligen. Dafür wollen wir bei günstigen baulichen Voraussetzung einen Anspruch für Mieter*innengemeinschaften auf Errichtung von Mieterstrom-Dachphotovoltaikanlagen schaffen. Dabei müssen die Regularien im EnWG verschärft werden, dass Mieterstrom preislich mindestens 30% unterhalb des örtlichen Grundversorgungstarifs liegen muss. Bei Neubauten sollen ebenso wie auf besonders gut geeigneten, großen Dachflächen, Dachsolaranlagen verpflichtend werden.

Beschleunigung von Planung- und Genehmigung

Ein weiterer zentraler Aspekt ist es, die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland deutlich zu beschleunigen. Damit die Transformation hin zu einer klimaneutralen und digitalisierten Wirtschaft gelingt, muss vor allem der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Modernisierung unserer Infrastruktur wesentlich schneller werden. Aktuell umfassen Genehmigungsprozesse eine Dauer von bis zu 15 Jahren. Dabei handelt es sich bei der Beschleunigung von Genehmigungsprozessen immer um eine Situation die sorgfältige Abwägung bedarf. So stehen auf der einen Seite der dringend notwendige Beschleunigungseffekt und auf der anderen Seite die Einhaltung von demokratischen Prozessen (öffentlichen Auslegung, Beteiligungsprozesse) sowie der Natur- und Artenschutz gegenüber. Daher müssen Novellierungen in diesem Bereich immer auf Ausgewogenheit zwischen diesen berechtigten Interessen abgewogen werden. Klar ist jedoch: Künftig sollen Rechtsstreitigkeiten über Genehmigungsverfahren nicht mehr dazu führen, dass Verfahren über viele Jahre hinweg blockiert oder komplett neu gestartet werden müssen. Wir möchten die Korrektur von Verfahrensfehlern erleichtern und den Missbrauch von Klagerechten, soweit es das europäische Recht zulässt, einschränken. Nicht selten werden Klagen nicht aufgrund von Betroffenheit durch Windkraftanlagen, sondern aufgrund grundsätzlicher Gegnerschaft gegenüber Windenergie angestrengt. Die Beschleunigung von Projekten wird möglich, wenn bereits im Vorfeld alle beteiligten Parteien ernsthaft einbezogen und dadurch Klagen vermieden werden können. Daher ist es wichtig, verstärkt auf frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligungen und Antragskonferenzen bei komplexen Verfahren zu setzen. Mediations- und Schlichtungsverfahren sollen finanziell, personell und strukturell gefördert werden. Außerdem müssen europarechtliche Vorgaben auf ihre Zweckmäßigkeit überprüft werden.

Energiegenossenschaften

Die Energiewende ist auch eine Chance, die Energieversorgung aus der Hand einiger weniger Unternehmen zu nehmen und zu vergesellschaften. Jetzt bereits profitieren Stadtwerke und kleinere Energieversorger von den Möglichkeiten der dezentralen Energieerzeugung durch die Erneuerbaren. Zusätzlich entstehen immer mehr Energiegenossenschaften, aktuell bestehen fast 900 in Deutschland. Energiegenossenschaften stellen eine Möglichkeit der Vergesellschaftung und direkten Demokratisierung der lokalen Energieversorgung dar. In den Bundesländern werden Energiegenossenschaften unterschiedlich über Bürgerenergiefonds gefördert. Zudem sichert der Risikoabsicherungsfonds auf Bundesebene Energiegenossenschaften bei der Errichtung von Windenergieanlagen ab. Es braucht eine bundeseinheitliche Förderung von Energiegenossenschaften, um insbesondere unter den Bedingungen des aktuell hohen Zinsniveaus, Energiegenossenschaften die Gründung zu ermöglichen. Energiegenossenschaften müssen dabei für alle zugänglich sein. Häufig können Haushalte mit geringen Einkommen sich die Genossenschaftsanteile nicht leisten. Dafür sollen Energiegenossenschaften verpflichtet werden, Sozialmodelle anzubieten, die Menschen mit geringen Einkommen die Beteiligung und damit die Teilhabe an einer dezentralen Energiewende ermöglichen. 

Regulierung der Energiepreis

Als Auswirkungen des Kriegsbeginns in der Ukraine sind die Energiekosten in Deutschland und Europa stark gestiegen. Auch die Strompreise waren betroffen. Hohe Strompreise werden dabei durch das deutsche Marktdesign begünstigt. Das Merit-Order-Prinzip führt dazu, dass die letzte erzeugte Stromeinheit den Preis für alle Einheiten festlegt. Die letzten Einheiten waren dabei regelmäßig mit Erdgas betriebene Reservekraftwerke, die aufgrund der gestiegenen Gaspreise enorm hohe Preise aufgerufen haben. Auch bei einer klimaneutralen Energieerzeugung besteht die Gefahr, dass etwa mit Wasserstoff betriebene Reservekraftwerke nach dem gleichen Mechanismus zu extrem hohen Energiepreisen führen. Das gilt es zu vermeiden. Dafür muss in den Marktmechanismus über die Festlegung von Höchstpreisen eingegriffen werden. Für günstig erzeugte, erneuerbare Energien soll jährlich über Rechtsverordnung ein Höchstpreis festgelegt werden, der oberhalb der durchschnittlichen Kosten der Erzeugung liegt. Steigt der Marktpreis über diesen Höchstpreis, werden die Preise für die erneuerbaren Energien gedeckelt. Dadurch können kurzfristig die durchschnittlichen Preise gesenkt und gleichzeitig verhindert werden, dass Stromkonzerne übermäßige Gewinne machen.

Die Energieversorgung ist Teil der Daseinsvorsorge und sollte deswegen nicht privatwirtschaftlich organisiert sein. Stadtwerke sind heute schon häufig in kommunaler Hand. Energiegenossenschaften sind eine Möglichkeit, die Stromerzeugung dezentral und nicht gewinnwirtschaftlich vorzunehmen. Insbesondere Reservekraftwerke erfüllen eine Stabilisierungsfunktion für das ganze Stromnetz. Sie müssen verstaatlicht werden und damit der gewinngetriebenen Marktlogik perspektivisch dauerhaft entzogen werden.

Der Strompreis wird weiterhin durch die erhobenen Netzentgelte und die Stromsteuer belastet. Die Stromsteuer hat als Verbrauchssteuer keine positive Umverteilungswirkung und belastet niedrigere Einkommen relativ überproportional stark. Um die Strompreise insgesamt weiter zu senken, wollen wir die Stromsteuer für Privathaushalte und Unternehmen abschaffen. Die Netzentgelte steigen in den letzten Jahren kontinuierlich. Besonders hoch sind sie in den Regionen mit besonders viel erneuerbarer Energieerzeugung. Gut ausgebaute Netze sind Teil der Daseinsvorsorge und müssen als natürliches Monopol staatlich betrieben und vorgehalten werden. Eine Finanzierung auf die einzelnen Verbraucher*innen in den jeweiligen Regionen umzuwälzen ist ungerecht, insofern die Energiewende eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Deshalb soll Netzausbau und Unterhalt auch allgemein und progressiv über Steuereinnahmen finanziert werden, die Netzentgelte entsprechend abgeschafft werden.

Ausbau der Netze

Fortschritte im Netzausbau können dazu beitragen, den Energieverbrauch zu optimieren und Emissionen zu reduzieren. Zum Beispiel ermöglicht die Vernetzung von Gebäuden und Infrastruktur eine effizientere Nutzung von Ressourcen. Eine ausreichende finanzielle Unterstützung ist unerlässlich, um den Ausbau von Netzinfrastrukturprojekten zu ermöglichen. Die Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Netztechnologie kann dazu beitragen, neue Lösungen und effizientere Technologien für den Ausbau zu entwickeln.

Die Energiewende erfordert sowohl vor Ort als auch überregional den konsequenten Netzausbau. Vor allem gilt es Übertragungsnetze schneller auszubauen, insbesondere Nord-Süd-Verbindungen zu schaffen und den Widerstand konservativer Landesregierungen gegen den Trassenausbau zu überwinden. Bis spätestens 2030 müssen alle Nord-Süd-Trassen fertiggestellt sein, wenn die Energiewende gelingen soll.

Daneben muss auch der Ausbau und die Ertüchtigung der Verteilernetze schnell erfolgen, um zu verhindern, dass Elektromobilität, die verstärkte Nutzung von Elektrizität für die Wärmeerzeugung und die erhöhte Einspeisung von Photovoltaikdachanlagen die lokalen Netze überfordern. Verteilernetze müssen dort, wo sie nicht mehr in der Hand kommunaler Träger sind, rekommunalisiert werden. Der privat, marktwirtschaftlich organisierte Netzausbau ist zum Scheitern verurteilt. Die lokalen Verteilernetze müssen beschleunigt ausgebaut werden. Dafür müssen insbesondere finanzschwache Kommunen finanziell unterstützt werden. Dafür sollen aus dem Energie- und Klimafonds zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.

Speichertechnologie

Speichertechnologien sind entscheidend für die Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind, die intermittierend sind. Sie ermöglichen die Bereitstellung von Strom, wenn die Nachfrage hoch ist und die Erzeugung niedrig ist, und umgekehrt. Dies ist entscheidend für die Stabilität des Stromnetzes und die Förderung erneuerbarer Energien. Insgesamt sind Speichertechnologien ein entscheidender Baustein für die Modernisierung und Transformation des Energiesektors sowie für die Förderung nachhaltigerer und effizienterer Energiesysteme.

Wir wollen Pumpspeicherkraftwerke beschleunigt ausbauen, als effizienteste Methode, große Mengen Energie auch intersaisonal zu speichern. Daneben wollen wir dezentral und flächendeckend Batteriespeicher ausbauen und miteinander vernetzen, um insbesondere kurzfristige Spitzen- und Einbrüche in der Energieversorgung abzufedern.

Wasserstoff

Klimaneutral hergestellter Wasserstoff spielt eine wichtige Rolle bei der Klimatransformation. Für energieintensive Industrien kann Wasserstoff energiedichte fossile Energieträger wie Erdgas ersetzen. Auch für Nutzfahrzeuge in Land- und Bauwirtschaft, die Schifffahrt oder CO2-neutralen Flugverkehr, für Bereiche also, die technisch aktuell noch nicht sinnvoll über batteriebetriebene Lösungen elektrifiziert werden, ist grüner Wasserstoff eine sinnvolle Lösung, um den CO2-neutralen Betrieb zu gewährleisten.

Für alle Bereiche macht aufgrund der hohen Energieverluste bei der Elektrolyse die Verwendung von Wasserstoff keinen Sinn. Hier empfiehlt sich stattdessen batteriebetriebener Betrieb, etwa im PKW-Bereich. Ein Betrieb von Gasheizungen mit Wasserstoff ist ebenso hochgradig energieineffizient. Im Sinne einer möglichst effizienten Verwendung des verfügbaren Wasserstoffs in den Bereichen, in denen er wirklich benötigt wird, gilt es die Verwendung in anderen Bereichen gesetzlich zu verbieten.

Neben der Verwendung als grünem Treibstoff, ermöglicht grüner Wasserstoff auch die intersaisonale Speicherung von Energie. Dafür braucht es den massiven Ausbau der Elektrolysekapazitäten, insbesondere in der Nähe großer erneuerbarer Erzeugungsanlagen.

Den Gesamtbedarf an Wasserstoff wird Deutschland nicht alleine decken können. Wir werden grünen Wasserstoff zusätzlich importieren müssen. Dafür muss eine flächendeckende Wasserstoffpipelineinfrastruktur in Deutschland und Europa aufgebaut werden, die die Erzeugungsanlage, Speicherzentren, die industriellen Abnehmer*innen und die Importterminals miteinander verbindet.

Zudem gilt es bei dem Import von Wasserstoff darauf zu achten, dass die erzeugenden Länder nicht übervorteilt werden, sondern durch den Abschluss fairer Verträge an der Wertschöpfung entlang der Lieferkette gerecht beteiligt werden.

Aktive Industriepolitik

Nur mit einer aktiven, intervenierenden Industriepolitik neben der konsequenten Energiewende wird es gelingen, eine Verlagerung industrieller Produktion zu verhindern. Während es den Eigentümer*innen der Unternehmen egal ist, auf welchem Kontinent, zu welchen Arbeitsbedingungen und unter welchen Umweltstandards ihre Renditen erwirtschaftet werden, betrachten wir uns gemeinsam mit den Gewerkschaften als Garant dafür, langfristig Beschäftigung zu sichern und den Beweis anzutreten, dass es möglich ist, klimaneutral industrielle Produktion aufrechtzuerhalten.

Brückenstrompreis

Die Umstellung auf erneuerbare Energien birgt langfristig die Möglichkeit, Strompreise zu senken und industrielle, auch energieintensive Industrie und Handwerk und die damit verbundene Wertschöpfung zu sichern. Aktuell führt aber der unzureichende Ausbau der Erneuerbaren und der Netzinfrastruktur noch dazu, dass die Preise für Strom stark ansteigen. Zusätzlich wird dieses Problem durch die zunehmende und erforderliche Elektrifizierung von Industrie und Handwerk verschärft, die die Klimatransformation erfordert. Bis das Ziel einer dauerhaft günstigen und klimaneutralen Energieversorgung erreicht ist, gilt es mit der Einführung eines Brückenstrompreises bis mindestens 2030 die Zeit der Transformation der Energieerzeugung zu überbrücken und damit sicherzustellen, dass die Industrie und das energieintensive Handwerk fortbestehen kann.

Deshalb schließen wir uns der Forderung der IG-Metall nach einem Brückenstrompreis in Höhe von 5 Cent pro Kilowattstunde inklusive Steuern und Abgaben an. Dieser muss aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Es gilt als Voraussetzung für die Gewährung der Förderung mit den jeweiligen Unternehmen verpflichtende Vereinbarungen über Maßnahmen zur ökologischen Transformation ihrer Fertigung und zur Erreichung einer höheren Energieeffizienz zu treffen. Eine Kopplung der Förderung an eine Reduzierung des historischen Stromverbrauchs ergibt jedoch keinen Sinn aufgrund von schwankender Produktion und des Anspruchs im Zuge der Transformation industrielle Prozesse zunehmen zu elektrifizieren.

Für uns ist klar, dass das Instrument eines Brückenstrompreises gleichermaßen großen, energieintensiven Industriebetrieben wie Stahlkochern oder der Chemieindustrie, ebenso wie kleineren, energieintensiven Handwerksbetrieben wie Bäckereien oder Reinigungen zugutekommen muss.

Unterstützung bei der Transformation

Für viele Unternehmen ist die Herausforderung der Umstellung ihrer Unternehmen auf klimaneutrale Produktionsverfahren mit enorm hohen Investitionen verbunden. Gleichzeitig führt eine Umstellung in einer internationalen Konkurrenzsituation in der kurzen Frist häufig noch zu Wettbewerbsnachteilen aufgrund von höheren Fertigungskosten.

Das Instrument der Klimaschutzverträge ermöglicht jetzt bereits eine zielgenaue Förderung von Unternehmen, die die entsprechenden Investitionen vornehmen und soll Wettbewerbsnachteile ausgleichen. Dieses Instrument muss noch stärker als bislang neben klimapolitischen Zielen auch an Beschäftigungsziele gebunden werden und gemeinsam mit den Sozialpartnern ausgearbeitet werden. Die vorgesehenen Mittel innerhalb des Klima- und Transformationsfonds sind bei Bedarf aufzustocken.

Das Instrument der Klimaschutzverträge beantwortet allerdings nicht die Frage, wie politisch mit Unternehmen verfahren werden soll, deren Eigentümer*innen die Transformation am Standort scheuen oder die Produktion stattdessen in Länder mit geringeren ökologischen Standards verlagern wollen. In diesen Fällen muss ein Beteiligungsfonds aufgelegt werden, der entsprechende Unternehmen teil- oder vollständig verstaatlicht, um Maßnahmen zur Transformation durchzusetzen und den Verlust von Arbeitsplätzen zu vermeiden.

Reindustrialisierung

Weite Teile der Grundstoffherstellung etwa in der Chemie- und Pharmaindustrie oder der Herstellung von Vorprodukten und Bauteilen im Maschinenbaum sind international verlagert. Die Produktion findet häufig unter Nichteinhaltung von Umwelt- ebenso wie Sozialstandards statt. Zusätzlich führt die Internationalisierung der Produktion zu ungewollten internationalen Abhängigkeiten. Es ist unser Anspruch, innerhalb Europas und Deutschland resiliente Lierferketten zu gewährleisten, was beinhaltet, dass auch Grundstoffe sowie Vorprodukte zumindest teilweise in Europa hergestellt werden und diese Produktion in Krisensituationen auch schnell skaliert werden kann.

Zudem muss die Produktion klimafreundlicher Technologie etwa für Windkraft- und Solaranlagen in den nächsten Jahren schnell skaliert werden. Um entsprechende Produktion aufzubauen, ist eine gezielte europäische und nationale Förderpolitik notwendig. Neben dem Aufbau der entsprechenden Industrien soll dabei auch eine Reindustrialisierung strukturschwacher Regionen gefördert werden, um das Versprechen einzulösen, dass eine Reindustrialisierung auch den Menschen in den Regionen konkret nützt und gute Arbeitsplätze schafft.

Europa

Die Corona-Pandemie hat Europa eindrucksvoll verdeutlicht, wie stark wir von internationalen Lieferketten abhängig sind und wie schnell internationale Entwicklungen die Produktion zum Erliegen bringen können. Besonders in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern, bestand eine riskante Abhängigkeit von russischem Pipelinegas. Es ist dringend geboten, uns von dieser Abhängigkeit zu befreien, um sowohl die Unabhängigkeit von diktatorischen Regimen zu erreichen als auch die Klimaziele zu erreichen.

Die Mitgliedsstaaten der EU sollten nicht das Risiko eingehen, die Entwicklung des industriellen Sektors den unkontrollierten Kräften des Marktes zu überlassen. In diesem Szenario besteht die Gefahr einer umfassenden Deindustrialisierung Europas, die unbedingt vermieden werden sollte. Gleichzeitig sollte verhindert werden, dass demokratische Staaten, die verstärkt auf internationale Zusammenarbeit angewiesen sind, in einen protektionistischen Wettbewerb verwickelt werden, der letztendlich nur Verlierer hervorbringt.

Reform des EU-Beihilferecht: Das gegenwärtige EU-Beihilfenrecht zum Beispiel reflektiert den fehlgeleiteten Glauben an die neoliberalen Vorstellungen, wonach jegliche staatliche Einmischung in den freien marktwirtschaftlichen Wettbewerb grundsätzlich nachteilig ist. Doch gerade die freie und weitgehend unregulierte Marktwirtschaft hat erheblich zur aktuellen Klimakrise beigetragen. Um dieser Krise zu begegnen, sind staatliche Eingriffe dringend erforderlich, insbesondere wenn wir die Transformation der europäischen Industrie erfolgreich bewältigen wollen. Das bestehende Beihilfenrecht erweist sich in dieser Hinsicht als doppelte Barriere. Einerseits stellt es zu hohe materielle Anforderungen, die Staaten daran hindern, ihre heimische Industrie bei der Bewältigung der Transformationsaufgaben angemessen zu unterstützen. Dies führt dazu, dass das bestehende Beihilfenrecht aktiv Nachteile im internationalen Vergleich schafft, insbesondere wenn andere Länder wie die USA ähnliche Förderungen gewähren. Andererseits sind die verfahrensrechtlichen Anforderungen so kompliziert, dass sie erhebliche Rechtsunsicherheit für die Empfänger schaffen. Anstatt Beihilfen grundsätzlich zu verbieten, sollten zumindest Beihilfen im Bereich der industriellen Transformation grundsätzlich erlaubt sein. Nur Beihilfen, die offensichtlich das Ziel verfolgen, Dumpingpreise zu ermöglichen, sollten als unrechtmäßig gelten und rückforderbar sein. Statt im Voraus Genehmigungen zu verlangen, sollte der Kommission die Möglichkeit gegeben werden, Beihilfen nachträglich auf ihre Vereinbarkeit zu überprüfen.

Solidaritäts- und Transformationsprogramm: Das „NextGenerationEU“-Programm war das richtige Zeichen, dass die EU in der Corona-Krise Arbeitsplätze und Beschäftigung sichert. Dieses zeitlich begrenzte Programm muss überführt werden, in ein dauerhaftes Programm zur solidarischen Transformation der industriellen Basis unseres Kontinents. Dieses Programm soll sowohl die Mitgliedsländer mit starken industriellen Strukturen dabei fördern, diese zu transformieren, als auch den Aufbau von Schlüsselindustrien insbesondere in den europäischen Ländern fördern, die bislang über eher schwache industriellen Strukturen verfügen. Damit werden einerseits diese Länder in ihrer industriellen Entwicklung unterstützt, andererseits wird die Resilienz der europäischen Lieferketten als Ganzes verbessert.

Dieser Solidaritäts- und Transformationsfonds soll insbesondere dem Aufbau notwendiger Infrastruktur für die Transformation, der Förderung klimafreundlicher Mobilität, dem Aufbau klimaneutraler Energieerzeugungsanlagen und der dazugehörigen Speicher- und Wasserstoffinfrastruktur, dem Breitbandausbau sowie der Förderung und Investition in den Umbau bestehender und dem Aufbau neuer Industrieanlagen zur CO2-neutralen Produktion, insbesondere im Bereich der Schlüsselindustrien, dienen.

Europäische Antwort auf den Inflation Reduction Act (IRA)

Als Antwort auf den amerikanischen IRA und um die europäische Industrie möglichst schnell und flächendeckend in eine klimaneutrale Zukunft zu führen, wollen wir das Re-Power-EU-Programm mit mindestens 350 Mrd.€ ausstatten, um in allen EU-Ländern die Energiewende konsequent vorantreiben zu können. Neben der Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energie soll auch der Ausbau von Wasserstoffelektrolysekapazitäten und einer europäischen Wasserstoffinfrastruktur vorangetrieben werden.

Ein Europäisches Stromnetz

Um die Elektrizitätswende zum Erfolg zu führen, ist ein Ausbau und eine stärkere Integration des Europäischen Stromnetzes dringend erforderlich. Während es in Deutschland geografisch an den Voraussetzungen fehlt, um hohe Kapazitäten in der Energiespeicherung durch den Zubau von Pumpspeicherkraftwerken zu schaffen, können Länder wie Schweden, Österreich, Slowenien oder Norwegen hier zusätzliche Kapazitäten schaffen, um den überschüssig erzeugten Strom dort zu speichern. Insbesondere gilt es, die Voraussetzungen schaffen, um auch große Windkraft-Offshore-Anlagen in das Europäische Stromnetz zu integrieren, ohne dass es zu einer Überlastung kommt. Dafür gilt es, Interkonnektoren auszubauen und die europäischen Netze stärker ineinander zu integrieren. Und dafür ist es erforderlich, auf Europäischer Ebene stärker Mittel für Netzinvestitionen bereitzustellen, um insbesondere finanzschwache Länder stärker beim Netzausbau zu unterstützen.

Kreislaufwirtschaft

Wir wollen möglichst ressourcenschonend wirtschaften. Dazu gehört es, dass verwendete Ressourcen innerhalb unseres Wirtschaftskreislaufs erhalten bleiben. Verwendete Materialien gilt es wiederzuverwenden oder zu recyclen, wie wollen die Reparatur und Wiederverwendung von Produkten fördern und vor allen Dingen langlebige Produkte produzieren.

Was heißt Kreislaufwirtschaft für uns?

Kreislaufwirtschaft ist ein Konzept, das darauf abzielt, Ressourcen effizienter zu nutzen und Abfälle zu minimieren, indem Produkte, Materialien und Ressourcen in geschlossenen Kreisläufen gehalten werden. Dies bedeutet, dass Produkte und Materialien nicht mehr nach ihrer Nutzung einfach weggeworfen werden, sondern vielmehr wiederverwendet, recycelt oder in anderer Weise weiterverarbeitet werden, um ihren Wert zu erhalten und Umweltauswirkungen zu reduzieren. Die Kreislaufwirtschaft fördert Nachhaltigkeit, indem sie den Verbrauch begrenzt und Umweltauswirkungen minimiert. Dies trägt zur Reduzierung von Ressourcenknappheit, Treibhausgasemissionen und Umweltverschmutzung bei.

Primärrohstoffsteuer

Wir fordern die Einführung einer Primärrohstoffsteuer. Eine Steuer auf den Verbrauch von Primärrohstoffen kann Anreize schaffen, Ressourcen effizienter zu nutzen und dazu beitragen, den Verbrauch von natürlichen Ressourcen zu reduzieren. Dies ist wichtig, um den Druck auf Umwelt und Ökosysteme zu verringern. Wenn die Rohstoffsteuer auf Materialien mit hoher Umweltauswirkung ausgerichtet ist, kann sie dazu beitragen, den CO2-Ausstoß und andere Umweltauswirkungen zu verringern, indem sie Unternehmen dazu zwingt, auf umweltfreundlichere Materialien umzusteigen.

Repairability by Design

Wir wollen die Langlebigkeit von Produkten vorgeben, in dem wir insbesondere für technische Konsumgüter verpflichtende Vorgaben schaffen, die geplante Obsoleszenz konsequent verbieten. Bei Zuwiderhandlung sollen Unternehmen mit empfindlichen Bußgeldern und Importbeschränkungen belegt werden. Darüber hinaus wollen wir ein Produktdesign vorschreiben, bei dem Verschleißteile einfach und kostengünstig ausgetauscht werden können.

Recyclability by Design

Viele Kunststoffe sind eigentlich sehr gut wiederverwertbar, weil sie extrem leicht zu recyceln sind. Für die Wiederverwertbarkeit ist es dabei aber entscheidend, dass die Kunststoffe von Sortiermaschinen erkannt werden können, was zum Beispiel stark von der Farbgebung abhängt, schwarze Kunststoffe sind besonders schwer zu erkennen. Wir wollen einerseits verpflichtende Vorgaben für materialsparendes, ebenso wie leicht zu recycelndes Verpackungsdesign machen, um die Wiederverwertbarkeit zu erleichtern.

Wem gehört die Fabrik?

Treibende Kraft des kapitalistischen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems ist der permanente Expansionsdrang des Kapitals in Form des bedingungslosen Strebens nach Profiten, dem alles andere untergeordnet wird. Dieses zerstörerische Streben steht in einem fundamentalen Gegensatz zu dem menschlichen Bedürfnis, einen lebenswerten Planeten zu erhalten. Als Sozialist*innen wollen wir die Wirtschaft demokratisieren und die Produktionsmittel sozialisieren. Reformen im Hier und Jetzt müssen gleichzeitig immer den Anspruch erfüllen, neben der konkreten Problemlösung drängender politischer Probleme auch über die aktuellen Systemzwänge hinauszuweisen. Statt das bestehende kapitalistische System zu stabilisieren, geht es uns darum, mit jeder Reform unserer Vision, einer solidarischen, sozialistischen Gesellschaft näher zu kommen.

Mitbestimmung, Tarif und Ausbildung

Es muss klar sein, dass alle Unternehmen, die staatliche und damit gesellschaftliche Unterstützung bei der Transformation in Anspruch nehmen, egal ob in Form von Brückenstrompreisen oder der Förderung über Klimaschutzverträge, ihre Arbeitnehmer*innen anständig bezahlen, Mitbestimmung gewährleisten und junge Menschen ausbilden müssen.

Lediglich wer nach Tarif bezahlt, soll Anspruch auf Unterstützungsleistungen bei der Transformation erhalten. Außerdem können Unternehmen keine Hilfe in Anspruch nehmen, wenn sie nicht Mitbestimmung in ihren Betrieben zulassen. Insbesondere sollen sie verpflichtet werden, Beschäftigte und Gewerkschaften über den Abschluss von Transformationstarifverträgen direkt in die unternehmerischen Entscheidungen, die die Beschäftigten betreffen, einzubeziehen, gemeinsam mit Beschäftigten einen Plan für eventuell notwendige Weiter- oder Umqualifizierung zu entwerfen und natürlich die Gehaltsstruktur festzulegen.

Entsprechende Unternehmen müssen selbstverständlich einen Betriebsrat haben und, wenn sie mindestens 5 Auszubildende haben, eine Jugendausbildungsvertretung. Auch hierüber gilt es verpflichtende Vereinbarungen in Klimaschutzverträgen zu treffen. Die staatliche Unterstützung von Unternehmen bei ihrer Transformation verfolgt das Ziel, Arbeitsplätze zu erhalten. Selbstverständlich kann sie nicht mit Stellenabbau verbunden werden, sondern muss sicherstellen, dass Beschäftigung langfristig gesichert bleibt.

Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen sind teilweise von den Herausforderungen der Transformation überfordert. Diese Unsicherheit bedroht Arbeitsplätze. Nach dem rheinland-pfälzischen Vorbild der Transformationsagentur setzen wir uns dafür ein, dass die Agentur für Arbeit Beratungsangebote schafft, die Unternehmen und Arbeitnehmer*innen bei den notwendigen Maßnahmen zur Klimatransformation ihrer Unternehmen begleitet und die Arbeitnehmer*innen bei den notwendigen Weiterbildungs- und Umqualifizierungsmaßnahmen unterstützt und damit Arbeitsplätze sichert.

Von kollektiver Mitbestimmung zu kollektivierten Unternehmen

Unternehmen, die im Zuge der Transformation verstaatlicht werden, sollen entsprechend unserer Beschlusslage (W3, Buko 2021) in Mitarbeitergesellschaften überführt werden. In einem ersten Schritt sollen unternehmerische Entscheidungen gemeinsam mit dem Betriebsrat getroffen werden und eine Transformationsstrategie im Einvernehmen mit den Mitarbeiter*innen ausgearbeitet werden. Neben der Entscheidung darüber, was produziert werden soll und welche Investitionen vorgenommen werden, um die Produktion klimaneutral zu machen, soll von Beginn an die Arbeitsorganisation umstrukturiert werden, um Partizipation der Mitarbeitenden an Unternehmensentscheidungen auf allen Ebenen zu gewährleisten, insbesondere auch der innerbetrieblichen Vergütungsstruktur. In einem zweiten Schritt sollen die Unternehmen in mitarbeitergeführte, vergesellschaftete Betriebe überführt werden und der Staat soll sich, sofern es sich nicht um Unternehmen der Daseinsvorsorge handelt, aus den Unternehmen wieder zurückziehen.

Investitionsoffensive jetzt!

Öffentliche Investitionen sind die Grundlage für den Weg in ein ökologisch nachhaltig produzierendes, digitales und sozial gerechtes Zeitalter. Die Bedingung für das Gelingen der sozial-ökologischen Transformation von Wirtschaft und Industrie ist ein handlungsfähiger und investierender Staat. Generationengerechte Politik bedeutet effektiv, die Voraussetzungen für das Lösen von überfälligen Transformationsaufgaben zu schaffen, wie beispielsweise den Ausstieg aus der Verstromung fossiler Energieträger sowie das Ende von Verbrennungstechnologien im Automobilsektor. Junge Menschen demonstrieren auf den Straßen nicht für schwarze Zahlen, sondern für den Erhalt einer lebenswerten Zukunft und für das Ernstnehmen der Klimakrise. Die Weigerung konservativer politischer Verantwortungsträger*innen, die notwendigen finanziellen Mittel dafür bereitzustellen, überlässt der Privatwirtschaft die Bewältigung dieser existenziellen Krise und stellt damit ein Scheitern sicher.

Wir fordern ein Ende der Schuldenbremse, um die Mittel zu mobilisieren, die es für die notwendigen Investitionen braucht. Außerdem gilt es über Erbschaft- und Vermögensteuer, große Vermögen stärker in die Verantwortung für die Mobilisierung der Mittel für den erfolgreichen Umbau unserer Gesellschaft zu mobilisieren.