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Beschlussarchiv

U4 2023
Moor muss nass! 

Als Moore bezeichnet man Feuchtgebiete, in denen durch die Wassersättigung nicht ausreichend Sauerstoff für die Abbauprozesse organischer Stoffe zur Verfügung steht und sich so Torf bilden kann. Das Wasser kann entweder ausschließlich aus Niederschlägen stammen, dann wird von Hochmooren gesprochen,  oder aber aus Oberflächen-, Grund- oder Meerwasser, dann wird von Niedermooren gesprochen. 

So sind Moore eine immense Senke für Kohlenstoff, da dieser dort unter Wassersättigung permanent gespeichert wird. Sie sind in der Lage mehr Kohlenstoff zu speichern als jedes andere Ökosystem auf der Welt. Obwohl Moore nur 3 % der Landfläche bedecken, können sie ca. doppelt so viel CO2 speichern, wie alle Wälder der  Welt (ca. 30 % der Landfläche) zusammengenommen. In Deutschland stellen Moore sogar den größten terrestrischen Kohlenstoffspeicher dar. Moore wachsen über geologische Zeiträume hinweg und können so erst im Laufe von tausenden Jahren ihre Senkenwirkung vollständig entfalten, sodass eine Trockenlegung große Mengen Kohlenstoff freisetzt. Bestenfalls wird ein intaktes Moor folglich einfach in Ruhe gelassen. Intakte Moorflächen gibt es in Deutschland jedoch kaum noch.

Die moorreichsten Bundesländer Deutschlands sind Niedersachsen (597.116 ha), Mecklenburg-Vorpommern (330.193 ha) und Brandenburg (243.432 ha).  

Von diesen Flächen sind jedoch nur noch ungefähr 3 % naturnah bzw. nicht entwässert, da der Großteil mittlerweile landwirtschaftlich genutzt wird. Für diese Nutzung wurden in der Vergangenheit weitreichende Entwässerungsmaßnahmen eingeleitet, um die vormals nassen Flächen trockenzulegen und so wirtschaftlich nutzbar zu machen. Mit fatalen Folgen für Klima, Umwelt und die Biodiversität. 

Denn trockene Moorböden emittieren durch den Kontakt des gespeicherten Kohlenstoffes mit dem Sauerstoff der Luft CO2. So sind die Moorböden in Mecklenburg-Vorpommern für 37 % der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich, obwohl sie nur 7 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche ausmachen. Moore werden so von wichtigen Kohlenstoffsenken zu riesigen Treibhausgasemittenten.

Die Wiedervernässung langfristig trockengelegter und so für die Landwirtschaft nutzbar gemachter Flächen kann die Emission von CO2 und anderen klimaschädlichen Gasen deutlich verringern und sogar wieder Kohlenstoffsenken aus den Mooren machen. 

Auch für die Resilienz des Mikroklimas sind Moore von großer Bedeutung, da sie Starkwetterereignisse abmildern können. Im Falle von Dürren können Moore durch Verdunsten des Wassers zu einer lokalen Abkühlung beitragen und während Starkregenereignissen sind Moore wichtige Retentionsflächen für das anfallende Regenwasser und tragen so zum Hochwasserschutz bei.

Aber nicht nur das Klima ist von der Trockenlegung von Mooren direkt betroffen. Ebenso nimmt die Biodiversität im einzigartigen Ökosystem Moor drastisch ab. Hoch spezialisierte Tier- und Pflanzenarten werden teilweise irreversibel verdrängt. 

Ein weiteres Problem ist der Abbau von Torf, welcher ebenfalls irreversible Schäden durch die Zerstörung der Torfschichten verursacht. Torf wird bevorzugt im Garten- und Landschaftsbau als Kultursubstrat verwendet, obwohl es für den privaten Bereich bereits torffreie Alternativen gibt. 

Aber auch bei der Verwendung von torfhaltigem Substrat im industriellen Bereich muss ein stärkerer Fokus auf Alternativen gelegt werden, damit künftig kein Torf mehr abgebaut wird. 

Entscheidend für einen Kurswechsel bei der Betrachtung und Behandlung von Mooren ist jedoch eine ausreichende Beteiligung der betroffenen Menschen vor Ort, um ein Bewusstsein für die Tragweite des Themas zu schaffen und Interessenskonflikten vorzubeugen. Nur so kann eine von allen befürwortete und unterstützte, nachhaltige Moorrestauration durchgeführt und dauerhaft aufrechterhalten werden. 

Eine Alternative zur konventionellen Landwirtschaft auf trockenen Moorflächen sind Paludikulturen auf wiedervernässten Standorten. Hierbei werden Nutzflächen erhalten, indem standortspezifische Pflanzen, wie zum Beispiel Torfmoose, Schilf oder Rohrkolben angebaut werden. Diese Form der Bewirtschaftung von wiedervernässten Flächen verbindet den Schutz der Moore als Ökosystem und Lebensraum und den Erhalt ihrer klimaschützenden Eigenschaften mit einer regionalen Wertschöpfung. Dies ist insbesondere von Bedeutung, um mittels Einkommensalternativen Akzeptanz für die Bedeutung des Schutzes der Moore in der Bevölkerung zu schaffen.

Paludikulturen sollen jedoch ausdrücklich nicht auf bereits schützenswerten Flächen bzw. in Schutzgebieten aufgebaut werden. Vielmehr sollen sie dazu dienen bereits landwirtschaftlich genutzte Flächen trotz Wiedervernässung weiterhin nutzen zu können. Hier können Flächen, auf denen Paludikulturen betrieben werden, als Puffer zwischen Schutzgebieten und konventionell genutzten landwirtschaftlichen Flächen auf mineralischen Böden betrachtet werden. 

Nasse Moore sind wichtige Komponenten im Kampf gegen den Klimawandel und den Verlust von Biodiversität. Gleichzeitig haben sie enorm viel Potenzial für nachhaltige Landwirtschaft, bei der sich Schutzziele, sowie regionale und ökonomische Ziele vereinbaren lassen.

Wir fordern daher: 

  • interdisziplinären Moorschutz auf europäischer, Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene
  • Schutz von Moorböden vor Bebauung, welche nicht mit einer  Wiedervernässung vereinbar sind
  • Verbot von torfhaltigen Substraten im privaten Bereich und die schnelle Erarbeitung von Alternativen für den gewerblichen Bereich  
  • mehr staatliche Investitionen in Forschung und Entwicklung zur  Wiedervernässung von Mooren und Bewirtschaftung durch Paludikulturen, sowie die weiterführende Erprobung von Paludikulturen auf geeigneten Flächen
  • Möglichkeiten der vereinfachten Zertifizierung durch entsprechende DIN – Normen für nachwachsende Bau- und Rohstoffe aus Paludikulturen
  • Aufnahme von Paludikulturen in den Subventionskatalog der GAP, sowie eine grundsätzliche Streichung von klimaschädlichen Subventionen
  • stärkere Anreize zum Moorschutz für Eigentümer*innen von trockengelegten Moorflächen, sowie die Möglichkeit zur Sanktionierung und Enteignung bei strikter Weigerung, vergleichbar mit dem Vorgehen im Straßenbau
  • Stärkung des öffentlichen Bewusstseins für die Wichtigkeit von Moorschutz in der Bevölkerung
  • Beschleunigung der Restaurierung von Mooren und stärkere finanzielle Unterstützung durch die EU, Bund und Ländern von Moorschutzprojekten
  • absoluter und konsequenter Schutz für intakte Moore! 

Das übergeordnete Ziel und damit unsere Kernforderung lautet ganz klar: Moor muss nass!