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Beschlussarchiv

F16 2022
Klare Haltung gegenüber unseren demokratischen Freund*innen in Taiwan

Antrag F16: Klare Haltung gegenüber unseren demokratischen
Freund*innen in Taiwan
Der Inselstaat Taiwan wird seit seiner selbsternannten Unabhängigkeit, die von der
Volksrepublik China (VR China) nie anerkannt und stets bestritten wurde, politisch,
wirtschaftlich und militärisch stark unter Druck gesetzt. Insbesondere die
militärischen Drohgebärden seitens China vor der Küste Taiwans haben sich in den
letzten Wochen intensiviert und sich zu einer realen Bedrohung der taiwanischen
Bevölkerung entwickelt. Gleichzeitig wird die beobachtende Teilnahme Taiwans in
verschiedenen WHO-Gremien, wie im Mai der Weltgesundheitsversammlung, durch die VR
China und seine Verbündeten weiter verhindert. Dabei stellt das pluralistisch
demokratische Taiwan ein politisches Gegenmodell zum autoritären System der
Volksrepublik dar. Aufgrund seiner geostrategischen Lage in der Taiwanstraße und dem
südchinesischen Meer sowie seiner wirtschaftlichen Rolle als einer der führenden
Produzenten von Mikrochips, besitzt die Region für „den Westen“ eine hohe Relevanz.
Taiwan ist nicht nur einer der größten Chiphersteller der Welt, sondern liegt im
Demokratieindex mit seinen 23 Millionen Menschen im Jahr 2021 auf Platz 8 und somit
ganze sieben Plätzen vor Deutschland. Die demokratischen Umbrüche Taiwans seit der
autoritären Einparteienherrschaft in den 1990er-Jahren sind enorm. Die fünffache
Gewaltenteilung zwischen der Regierung, dem Parlament, der Justiz, der Prüfungs-Yuan
als unabhängige Instanz für die Beamt*innenauswahl und der Kontroll-Yuan zuständig
als Rechnungshof funktioniert durchweg hervorragend. Zudem hat sich ein
pluralistisches Parteiensystem herausgebildet und die Wahlen fanden unter allen
demokratischen Gesichtspunkten statt. Auch die Aktivierung der Zivilgesellschaft hat
sich zum Beispiel durch die Sonnenblumen-Bewegung im Jahr 2014, die sich gegen eine
Ratifizierung eines Freihandelsabkommens mit der Volksrepublik China einsetzte,
gezeigt. Während die Demokratisierung Taiwans immer weiter voranschreitet,
verschlechtern sich die Beziehungen zur geographisch nahen und durch die Historie
verbundenen “Volksrepublik China”. Das liegt zu einem an den innenpolitisch immer
totalitären Entwicklungen in der Volksrepublik China, zum anderen an den ausgeübten
Aggressionen gegenüber dem demokratischen Nachbarland. Die Volksrepublik China
argumentiert ähnlich wie die russische Administration: Taiwan wie auch die Ukraine
werden nicht als souveräne Staaten anerkannt, sondern als Teile des chinesischen oder
russischen Imperiums gesehen, obwohl Taiwan historisch nicht zu Festland China
gehörte. Vonseiten der Volksrepublik China kommt es nicht nur zu diplomatischen
Attacken gegenüber Taiwan, sondern es wird auch regelmäßig der Luftraum Taiwans
verletzt. Gleichzeitig wird Taiwan durch den ökonomischen und politischen Einfluss
der Volksrepublik China aus allen großen internationalen Organisationen gedrängt. Das
bezieht sich auch auf die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen. Nur eine
Minderheit in der weltweiten Staatengemeinschaft erkennt Taiwan an. Auch Deutschland
führt offiziell keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Neben wirtschaftlichen
Interessen gegenüber dem zweitgrößten Handelspartner Deutschlands, der Volksrepublik
China, müssen auch unsere demokratischen Grundwerte wieder stärker gewichtet werden.
Die Anerkennung demokratisch-souveräner Staaten darf nicht durch einen ökonomischen
Druck totalitärer Staaten verdrängt werden. Die Anerkennung der Volksrepublik China
als eine zentrale Handelspartnerin muss mit einer Vertiefung der Beziehungen zu
Taiwan als Werte-Partner*in in Einklang gebracht werden.
Das Interesse von Deutschland und der Europäischen Union muss es sein, im Rahmen
einer wertebasierten und feministischen Außenpolitik, Taiwan in seiner freiheitlich
demokratischen Grundordnung zu unterstützen, Frieden und Stabilität in der Region zu
wahren sowie die wirtschaftliche Partnerschaft mit Taiwan weiter zu intensivieren.
Deshalb setzen wir uns für einen freundschaftlichen kommunikativen austausch zwischen
deutschen und taiwanesische Vertreter*innen, insbesondere der Parlamente, ein.
Darüber hinaus müssen wir das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel, “die
sachbezogene Teilnahme des demokratischen Taiwans in internationalen Organisationen”
zu unterstützen, realisieren. Konkret sollte sich die Bundesregierung noch stärker
dafür einsetzen, Taiwan den Beobachterstatus bei der Weltgesundheitsversammlung (WHA)
sowie weiteren WHO-Gremien zu gewähren. Daher fordern wir:
1. sich dafür einzusetzen, den Kontakt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
Taiwan zu verstärken.
2. sich dafür einzusetzen, innerhalb der Europäischen Union für eine Aufnahme
verstärkter Beziehungen mit Taiwan zu werben.
3. sich dafür einzusetzen, auch als Partei stärkere Beziehungen zu den
demokratischen Parteien Taiwans aufzubauen u.a. im Rahmen regelmäßiger
Austauschformate.
4. Die Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen zu Taiwan
5. Die Erhöhung des Einsatzes dafür, Vertreter*innen Taiwans den
Beobachter*innenstatus bei der Weltgesundheitsversammlung (WHA) sowie weiteren
Gremien der WHO zu gewähren. Wir wollen die stärkere Einbindung Taiwans in die
Vereinten Nationen und fordern deshalb die Prüfung, Taiwan den Status eines
Beobachterstaates in der UN-Vollversammlung zuzusprechen.