1. Einleitung Vor inzwischen sechs Jahren, im Jahr 2015, fand die Pariser Klimakonferenz statt. Bei dieser Konferenz einigten sich 190 Staats- und Regierungschefs auf das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die weltweiten Emissionen schnellstmöglich auf null reduziert werden. Der globale Norden hat bereits in den letzten Jahrzehnten einen Großteil der Emissionen verursacht. Der große Wohlstand in Europa und Nordamerika basiert auch auf emissionsintensiver Energiegewinnung und Industrie. Wir wollen Klimaneutralität bis 2040 erreichen. Die wichtigste Grundlage dafür ist, dass wir das uns noch zur Verfügung stehende Emissionsbudget nicht überschreiten, um endlich einen realistischen 1,5-Grad-Pfad einzuschlagen. Die Ermittlung und Festlegung des verbleibenden CO2- Budgets für Deutschland ist dafür die Voraussetzung. In diesem Antrag wollen wir uns mit dem Beitrag beschäftigen, den die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, eine CO2-Bepreisung sowie der internationale Handel der EU leisten müssen, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.
2. Landwirtschaft Die Agrarwirtschaft ist gleichzeitig Opfer und Verursacherin des Klimawandels. 17% der weltweiten Treibhausgasemissionen können direkt auf landwirtschaftliche Aktivitäten zurückgeführt werden, weitere 7-14% indirekt durch Veränderungen in der Landnutzung. Damit ist die Agrarwirtschaft aber auch wichtiger Teil der Lösung. Die Landwirtschaft hat ein enormes Einsparpotential der Treibhausgasemissionen. 62% der Methan-Emissionen und 79% der Lachgas-Emissionen in Deutschland stammen aus der Landwirtschaft. Sie ist damit für 63,6 Millionen Tonnen CO2- Äquivalente verantwortlich, davon ein Großteil aus Tierhaltung und Bodennutzung. Wir als Jusos stehen für den Systemwechsel auch in der Landwirtschaft – der Ansatz der Agrarökologie ermöglicht eine faire, ökologische und klimaneutrale Landwirtschaft. Wir wollen auch auf europäischer Ebene eine bessere Förderung von nachhaltiger Landwirtschaft und umweltschädliche Subventionen abschaffen. Die europäische gemeinsame Agrarpolitik (GAP) setzt sich aus zwei Säulen zusammen (1. Säule: Direktzahlungen, 2. Säule: Ländliche Entwicklung, Ökolandbau, Umweltmaßnahmen) und wird alle sieben Jahre neu verhandelt. Für den Haushalt 2021 - 2027 sind 354 Milliarden Euro für Agrarsubventionen ausgelegt, das macht knapp ein Drittel des gesamten EU-Haushalts aus. Die Verteilung der Subventionen beruht weiterhin auf dem Prinzip der Direktzahlungen nach Fläche, sodass rund 80% der Gelder an 20% der Betriebe fließen. Ab 2023 sollen pro Jahr 8,1 Milliarden € der 1. Säule an Umweltmaßnahmen geknüpft werden, diese sind allerdings freiwillig für die Betriebe. Wir stehen für die Abschaffung der Direktzahlungen, denn sie sind nichts anderes als eine Subventionierung von Landbesitz. Wir verlangen stattdessen einen stärkeren Fokus auf die Frage des ökologischen Effektes und kämpfen für eine weitere Reform der GAP. Wir haben dabei im Blick, dass der bürokratische Aufwand für die Landwirt*innen durch die GAP immens ist und reduziert werden muss. Unser Ziel muss es sein, Ernährungssicherheit zu garantieren, Ökosysteme zu erhalten und weltweite Gerechtigkeit beim Ressourcenverbrauch zu schaffen und damit Armut zu begrenzen. 2.1 Emissionen aus dem Ackerbau
Um die Emissionen des Ackerbaus nachhaltig zu reduzieren, brauchen wir einen Wandel bei der Bewirtschaftung von Böden. Gemeinsam mit den Landwirt*innen müssen wir Konzepte für eine ökologische Bodenbewirtschaftung entwickeln. Gleichzeitig wollen wir erreichen, dass vermehrt Lebensmittel aus nachhaltiger Produktion konsumiert werden. Dafür fordern wir: Investitionen in die Forschung zur nachhaltigen Bodenbewirtschaftung mit dem Ziel einer erhöhten natürlichen Humusanreicherung, sowie kostenlose Beratungsstellen für Landwirt*innen zur nachhaltigen Bodenbewirtschaftung. Einführen einer Obergrenze für den Anteil eingesetzter Energiepflanzen aus Monokulturen (bspw. Mais und Raps): Wir wollen darauf hinwirken, dass eine Konkurrenzsituation Tank vs. Teller vermieden wird, indem Biogas nur noch aus anders nicht verwertbaren Resten produziert wird. Veränderung der Düngeverordnung durch Verbot des Düngens von Zwischenfrüchten, Reduzierung des erlaubten Stickstoffüberschusses von 50kg/Hektar auf 30kg/Hektar, Einführung der Hoftorbilanzierung mit einer anfänglichen Begleitung durch eine Stickstoffsteuer. Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden und Herbiziden und Zulassen des Wachsens von Beikräutern. Verbot von Pestiziden wie Glyphosat. Einführung einer Bodengebunden Landwirtschaft: Der Tierbestand eines Betriebes muss zur bewirtschafteten Fläche des Betriebes oder eines lokalen Partner*innenbetriebes passen. Hierzu müssen konkrete Obergrenzen definiert werden. Förderung von Precision Farming, wo sinnvoll: dies darf aber nicht dazu führen, dass Technologien nur Landwirt*innen zur Verfügung stehen, die es sich leisten können; Unterstützung bei der Entwicklung von Sharing-Konzepten für diese Technologien. Die Wiedervernässung von möglichst allen aktuell trockengelegten Mooren und der Schutz der nassen Moore. Konsequente Herkunftsbezeichnungen aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse ähnlich wie es bereits bei Eiern passiert, um Transportwege zu verkürzen und regionale Strukturen zu stärken.
2.2 Biodiversität Über die Hälfte der Fläche der BRD (50,7 %) wird landwirtschaftlich genutzt. Diese Nutzung findet zu 70,6 % auf Ackerland und zu 28,2 % auf Dauergrünland, wie z.B. Weideflächen, statt. Die Biodiversität auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ist in Europa insgesamt rückläufig, die Hauptursache dafür liegt in der Intensivlandwirtschaft.
Die industrialisierte Agrarwirtschaft mit der Industrialisierung im Pflanzenbau und in der Tierhaltung ist zu den treibenden Kräften für den Verlust an biologischer Vielfalt geworden und vernichtet jährlich Biodiversität in einem nicht tragbaren Ausmaß. Zu große zusammenhängende Ackerflächen, zu wenig Brach- und Blühflächen bedeuten den Verlust von Lebensräumen und Nahrungsquellen. Zugleich wird das Leben auf diesen Flächen durch Monokulturen, enge Fruchtfolgen und dem damit verbundenen intensiven Einsatz von Düngemitteln, Herbiziden und Insektiziden massiv beeinträchtigt, wenn nicht sogar gänzlich zerstört. Nach wie vor werden Ökosystemdienstleistungen nicht angemessen gegen die vermarktbaren Produkte der Landwirtschaft abgewogen. Doch vor dem Hintergrund der Klima- und Biodiversitätskrise muss das dringend geschehen! Neben der Kulturartendiversität, dem Grünlandschutz, dem Verbot des Pflügens und der Umwandlung von Dauergrünland kommen ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) eine zentrale Bedeutung vor. Die Artenvielfalt trägt dazu bei, die Biodiversität wieder zu erhöhen und ins natürliche Gleichgewicht zu bringen. Deswegen fordern wir: Diversifizierte Anbausysteme, die die Landwirtschaft krisensicherer gegenüber Klimakrisen oder Preisschwankungen machen, wie integrierte Tier-Pflanzen-Systeme, die die Fruchtbarkeit des Bodens fördern, geschlossene Nährstoffkreisläufe sowie die Verwendung von pflanzlichen Reststoffen (Recycling). Selbstregulationsfähigkeit im Agrarökosystem stärken: Je mehr Biodiversität im Ökosystem vorhanden ist, desto geringer ist das Risiko von Krankheiten und Schädlingen. Umgekehrt wirken sich Pestizide auf die biologische Vielfalt – Insekten und Pflanzen im und auf dem Boden – negativ aus. Wir müssen die Selbstregulierungskräfte der Natur stärken und den Kreislauf vonResistenzbildung und Pestizideinsatz durchbrechen. Die Vorgaben der EU-Biodiversitätsstrategie für 2020 müssen umgesetzt werden und 30 Prozent der marinen und terrestrischen Fläche unter Schutz gestellt werden. Deutschland muss sich zu der Renaturierung von 15 Prozent der Landesfläche verpflichten. Innerhalb der Schutzgebiete muss die Wirksamkeit der Maßnahmen durch ein regelmäßiges Monitoring/Kartierung – gerade auch der Pflanzenwelt – stattfinden. Blühstreifen, Moorrenaturierungen und die Erhöhung des Anteils unbewirtschafteter Flächen in der Landwirtschaft. Ackerschläge von mehr als 5 ha Größe müssen durch ökologische Vorrangflächen unterbrochen sein. Eine Bewirtschaftungsruhe von mind. acht Wochen im Frühjahr zum Schutz von Bodenbrütern.
2.3 Tierhaltung: Massentierhaltung beenden – aber wie? In Schwerin haben wir uns entschlossen, die Massentierhaltung zu beenden. Zurecht! Wir dürfen uns nicht länger in kräftezehrende Debatten darüber verlieren, ob ein Käfig nun einige Zentimeter größer werden soll oder nicht. Stattdessen müssen greifbare und weitreichende Konzepte auf den Tisch, mit denen sich die Tierindustrie tatsächlich umgestalten lässt – zum Wohle der Tiere, der Menschen und der Umwelt. Nicht gegen, sondern gemeinsam mit den Landwirt*innen. Hier unsere erste jungsozialistische Roadmap für ein echtes Ende der Massentierhaltung.
Maßnahmen in der Produktion Wir fordern einen sozialverträglichen, aber konsequenten Abbau der Tierbestände auf ein Niveau, das mit den planetaren Grenzen für Flächennutzung und klimaschädlichen Emissionen verträglich ist. Oberste Priorität sollen hierbei besonders intensiv tierwirtschaftlich geprägte Regionen haben, da so gleichzeitig die Belastung von Böden und Gewässern verringert wird. Für die Tierbestandsreduzierung benötigen wir des Weiteren klare Ziele mit festen Deadlines und kontrollierbaren Meilensteinen. Dabei berücksichtigen wir das große Leid, welches durch Massentierhaltung für Tiere entsteht. Zudem wollen wir denjenigen Landwirt*innen, die aus der Tierhaltung aus- oder umsteigen wollen oder ihren Bestand verkleinern wollen, mit spezifischer Förderung, Prämien und Beratungsangeboten zur Seite stehen. Sämtliche Werkzeuge und Gerätschaften, die unmittelbar mit den lebenden Tieren in Kontakt kommen, insbesondere solche, die zu ihrer Betäubung und Tötung führen, müssen durch entsprechende Zulassungsverfahren geprüft werden, um einen qualvollen Tod aufgrund mangelhafter Technik auszuschließen. Wir wollen die Entwicklung von “Clean Meat” als einer tierleidfreien und ökologischeren Alternative zu heutigen Fleischprodukten unterstützen.
Maßnahmen für Arbeitnehmer*innen in der Tierindustrie: Bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, auch durch flächendeckende Tarifbindung für alle fleischverarbeitenden Betriebe. Strengere Bußgeldkataloge für die Arbeitgeber*innen sowie mehr Kontrollen, insbesondere bei Betrieben in denen bereits Verstöße festgestellt worden sind. Mindestanforderungen an Unterkünfte durch Arbeitgeber*innen. Sicherstellung des Gesundheitsschutzes (Hygienepläne der Arbeitgeber*innen durch Gesundheitsamt prüfen; keine Gruppenzimmer).
2.4 Wälder, Forst und Moore Wald und Forst sind für den Klimaschutz unverzichtbar. Wir brauchen klimaanpassungsfähige, naturnahe, nachhaltig bewirtschaftete Mischwälder, die das Risiko großflächiger Waldschäden mindern und auch in Zukunft weiterhin Kohlenstoff binden. Außerdem brauchen wir Moore, die Lebensraum bieten für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten, als Speicher für Wasser, Nährstoffe und Kohlenstoff dienen und viele weitere Ökosystemdienstleistungen erfüllen. Allerdings ist der Zustand unserer Wälder katastrophal. Der Klimawandel, insbesondere zunehmende Hitze und Trockenheit, seltenere und dafür umso heftigere Niederschläge und zunehmende Extremwetterereignisse haben massive Sturmschäden, Waldbrände und eine deutlich höhere Anfälligkeit für Krankheiten und Schädlingsbefall zur Folge. Auch die Moore in Deutschland sind in keinem guten Zustand. Circa 70% der Moore werden land- und forstwirtschaftlich genutzt, wofür sie fast immer entwässert werden und damit ihre Funktion für Artenvielfalt und als Wasserspeicher verlieren, rund 95% der ursprünglichen Moorflächen in Deutschland gelten als tot. Wir wollen Wälder und Moore erhalten und entwickeln, die auch in Zukunft unverzichtbare Ökosystemleistungen für die Gesellschaft erbringen. Wir wollen außerdem Wälder, die leistungsfähig sind und auch für die zukünftigen Generationen weiterhin Holz als wichtigen nachwachsenden Rohstoff produzieren.
Wir fordern deshalb:
• Stärkere Unterstützung kommunaler Waldbesitzer*innen bei der nachhaltigen Bewirtschaftung
• Förderung zum Schutz vor Waldbränden durch vorbeugende waldbauliche Maßnahmen, wie der klimaangepasste Begründung von Mischbeständen und wo, aufgrund der örtlichen Gegebenheit sinnvoll, Anlegung von Feuerschutzstreifen.
• Förderungen zur Nutzung von Holz als Baustoff, um die CO2-Produktspeicherfunktion desHolzes und die Substitutionseffekte gegenüber anderen Baustoffen zu nutzen.
• Erfüllung des Ziels, 5% (perspektivisch mehr) aller Wälder in Deutschland unter Schutz zustellen.
• Besonderer Schutz von Mooren und Moorwäldern; Wiedervernässung von möglichst allen trockengelegten Mooren und Erhalt bestehender Moorgebiete. Kompensation der Landwirt*innen falls Flächen dadurch nicht mehr genutzt werden können, bzw. Förderung von nasser Nutzung 2.5 Eigentumsverhältnisse: Wem gehört der Boden? – Don’t hate the player, hate the game! Die meisten Landwirt*innen pachten das Land, welches sie bewirtschaften. Es lässt sich aber in der gesamten EU eine massive Monopolbildung beobachten: Heute bewirtschaften 3,1 Prozent aller Betriebe mehr als die Hälfte des Agrarlandes. Auch in Deutschland macht sich diese Entwicklung bemerkbar: Vertragsbäuer*innen bei Wiesenhof oder Milchbäuer*innen, die auf große Molkereien angewiesen sind – durch diese Beispiele wird die starke Abhängigkeit der Landwirt*innen von großen Unternehmen deutlich, die die eigene Handlungsmacht deutlich einschränkt.
Wir fordern deshalb: Eigentum von Grund und Boden gehört in öffentliche Hand oder genossenschaftlich organisiert, denn wir alle haben das Recht, über unsere Lebensgrundlagen wie Grundwasser, Nahrung, intaktes Klima und Umwelt mitzuentscheiden. Wir wollen eine Bodenreform, die bestehende Eigentumsverhältnisse so organisiert, dass monopolistische Strukturen aufgelöst werden und der Weg für eine ökologische Nutzung, wie die Wiedervernässung der Moore, freigemacht wird.
2.6 Internationale Landwirtschaft Durch internationalen Verkauf landwirtschaftlicher Produkte können schwächere Märkte weiter geschädigt werden sowie Flächennutzung und Treibhausgasemissionen in andere Länder outgesourced werden. Zusammen mit der dringend notwendigen internationalen Solidarität im Zuge der Klimakrise ist es notwendig, eine gerechte Ein- und Ausfuhrpolitik zu erarbeiten.
Um diesem Ziel näher zu kommen, fordern wir: Stopp von Lebendtierexporten zur Schlachtung. Anpassung des EU-Standards für die Zertifizierung von ökologischer und nachhaltiger Landwirtschaft, sodass auch die Arbeitsbedingungen berücksichtigt werden Als Ausgleich für die Erhaltung von Wäldern, Mooren und Biodiversität als ökologische Dienstleistung für die gesamte Menschheit, sind Ländern des globalen Südens Ausgleichszahlungen zu gewähren.
3. Handelspolitik 3.1 Global gerechte Lieferketten Mit dem deutschen Lieferkettengesetz hat die SPD einen wertvollen Beitrag zu guter Arbeit weltweit und einer humaneren Globalisierung geleistet. Allerdings hat die Union es geschafft, einige wichtige Elemente effektiven Menschenrechtsschutzes aus dem Gesetz herauszuverhandeln. Unter anderem werden nur sehr große Unternehmen erfasst, es gibt keine Schadenersatzansprüche für Betroffene und bei der regelmäßigen Risikoanalyse wird nur das erste Glied in der Lieferkette erfasst, während jedoch gerade die tieferen Glieder auf Ebene der Rohstoffe von Menschenrechtsverletzungen besonders betroffen sind. Der von der EU- Kommission angekündigte Gesetzgebungsprozess für ein europäisches Lieferkettengesetz ist die Gelegenheit, um diese Schwächen auszubessern. Hierbei ist der Vorschlag des EU-Parlaments eine progressive und gute Grundlage, denn er enthält sowohl eine Abdeckung der gesamten Lieferkette bei regelmäßigen Risikoanalysen, Schadensersatzrechte für Betroffene, eine Abdeckung auch von Klimaschäden und erfasst Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen bzw. in Risikosektoren. Allerdings kann das transformative Potenzial der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten erst durch eine internationale Regelung vollständig realisiert werden. Daher sollte die Bundesregierung den aktuellen Verhandlungsprozess zu einem völkerrechtlichen Vertrag zur Verpflichtung von Unternehmen auf Menschenrechtsstandards bei der UN konstruktiv unterstützen. Hierbei sollte die Bundesregierung darauf hinarbeiten, dass Unternehmen in den Vertragsstaaten durch den Vertrag unmittelbar zur Einhaltung von Menschenrechten verpflichtet werden, um es so zu erleichtern, in internationalen Schiedsverfahren menschenrechtliche Interessen mit Investor*inneninteressen in einen stärkeren Ausgleich zu bringen. Derzeit ist das nach Meinung vieler Expert*innen, mangels Verpflichtung der Unternehmen auf Menschenrechtsstandards, nicht möglich. Deshalb fordern wir:
Internationale, flächendeckende Regelungen im Bereich der unternehmerischen Sorgfalt in Lieferketten. Unmittelbar müssen der EP-Vorschlag umgesetzt und Unternehmen in Risikosektoren einbezogen werden. Langfristig und nach Konzipierung geeigneter Unterstützungsmaßnahmen für Kleinstunternehmen müssen auch Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeiter*innen erfasst werden. Die ganze Lieferkette muss zum Gegenstand der Risikoanalysepflicht gemacht werden. Umfassend müssen Umweltaspekte, inkl. Klima, Rechte indigener Völker gem. des Übereinkommens 169 der ILO und angemessene, existenzsicherende Löhne als Menschenrechte explizit geschützt werden. Schadenersatzansprüche Betroffener müssen explizit geregelt werden. Ein UN Binding Treaty, der Unternehmen direkt im Vertragstext zum Respekt für Umweltstandards und Menschenrechte verpflichtet.
3.2 Handelsabkommen und Schiedsgerichtsbarkeit Internationaler Handel schafft Entwicklungs- und Beschäftigungschancen weltweit. Diese werden allerdings dadurch eingeschränkt, dass, unter der Flagge des dogmatischen Euphemismus “Freihandel”, Druck auf Staaten ausgeübt wird, durch die Absenkung von Sozial- und Umweltstandards um internationales Kapital zu konkurrieren. Die EU muss ihre Handelspolitik neu ausrichten, indem in Handelsabkommen umfassende Umwelt- und Sozialstandards und das Vorsorgeprinzip inkl. Sanktionen bei deren Nichteinhaltung verankert werden. Die Economic Partnership Agreements (EPA) in der jetzigen Form zwingen Staaten zur Öffnung der Wirtschaft für europäische Importe und zerstören folglich lokale Wirtschaftsstrukturen. Vielmehr müssen EPAs jedoch zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen.
Deshalb fordern wir:
• Wenn Handelsabkommen geschlossen werden, muss es faire Verhandlungen mit den Partner*innen als Ganzes geben, statt durch eine unsinnige regionale Zersplitterung Nachteile für Partner*innen im globalen Süden zu bewirken. Individuelle Bedarfe einzelner Verhandlungspartner*innen müssen dabei trotzdem berücksichtigt werden.
• Wenn Handelsabkommen geschlossen werden, müssen diese umwelt- und sozialverträglicher ausgestaltet sein. Insbesondere sollen Standards zum Schutz von ILO-Kernarbeitsnormen, Menschenrechten, Klima, Biodiversität, Weltmeeren und Weltnaturerbe und das Vorsorgeprinzip in den Abkommen verankert werden, inkl. Sanktionsmöglichkeiten im Falle der Nichteinhaltung. Für uns ist völkerrechtlich klar, dass in Schiedsverfahren zum Investitionsschutz Menschenrechte als Rechtfertigung zur Einschränkung von Investor*innenrechten dienen können.
4. Unser ganzheitliches, feministisches Verständnis von Transformation
4.1 Besondere Betroffenheit Frauen sind besonders von der Klimakrise und dem damit einhergehenden Wandel der Arbeit, aber auch durch Veränderungen im privaten Verhalten betroffen und haben gleichzeitig an entscheidenden Stellen weniger Einfluss. Diese besondere Betroffenheit fängt bei der besonderen Belastung durch Care-Arbeit an, durch die Notwendigkeit von Umstellungen im privaten Verhalten. Während Frauen im privaten Bereich mit der Umsetzung von klimapolitischen Maßnahmen alleine gelassen werde und die Adressatinnen von fälschlich vorgeschobener Konsumkritik werden, entstehen sogenannte „Green Jobs“, die helfen sollen den Klimawandel zu bekämpfen, vor allem in Männer dominierten Branchen, wie zum Beispiel dem Sektor der erneuerbaren Energien. Dieses Ungleichgewicht führt wieder einmal dazu, dass insbesondere von Frauen erwartet wird, im privaten Bereich die Verantwortung zu übernehmen ohne dafür Anerkennung zu erhalten, während es vor allem Männer sind, die durch ihre Berufe vermeintlich den Klimawandel aufhalten. Viele klimapolitische Maßnahmen werden in den Privathaushalt verlagert. Beispielsweise sei der trockene Sommer 2018 genannt. Dieser belastete vor allem einkommensschwache Haushalte; diese werden häufig von Frauen geführt werden, bspw. von alleinerziehenden Müttern und Witwen oder älteren alleinstehenden Frauen. Diese sollen die klimapolitischen Maßnahmen unbezahlt umsetzen, wie zum Beispiel den Umstieg auf unverpackte Lebensmittel, die Umstellung der Ernährung einer meist gesamten Familie oder eine korrekte Mülltrennung. Daher fordern wir: Bei Mehrkosten von Klimaschutzmaßnahmen müssen die Auswirkungen auf diverse Familienkonzepte mitgedacht werden. Die steuerrechtliche Bevorzugung der stereotypischen Cis-Familie darf nicht mehr Maßstab bei politischen Entscheidungen sein. Care-Einrichtungen benötigen eine konstante und langfristig gesicherte Finanzierung, um die notwendige Care-Arbeit zu sichern. Eine Arbeitszeitverkürzung, bei der eine 25-Stunden-Woche wieder als gesellschaftliches Ideal definiert werden muss, um auch die Care-Arbeit besser verteilen zu können. 4.2 Globale Perspektive Unter den Auswirkungen der Erderwärmung leiden auch im Globalen Süden besonders Frauen. Sie sind mehr als doppelt so oft von extremer Armut betroffen. 30% aller berufstätigen Frauen arbeiten in der Landwirtschaft, im Globalen Süden sind es 80%. Wenn die Geschlechterkluft in der Landwirtschaft im Kontext des Klimawandels nicht berücksichtigt wird, laufen Bäuerinnen Gefahr, sich in eine Abwärtsspirale zu begeben. Dagegen sind Reformen notwendig, die das Recht auf Grundbesitz, finanzielle Zuschüsse, verbesserte Informationen und wirtschaftliche Teilhabe berücksichtigen, um umweltfreundliche landwirtschaftliche Methoden schneller umzusetzen. Nach einer Schätzung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) waren 2008 bereits für insgesamt 36 Millionen Geflüchteten weltweit die Auswirkungen der Klimakrise ausschlaggebend für die Flucht und bis 2050 wird damit gerechnet, dass hunderte Millionen von Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Menschen werden damit konfrontiert sein, dass ihr Zuhause von Wassermassen und Dürreperioden zerstört wird. Besonders betroffen werden aber auch hier Frauen und Mädchen sein. Die fortwährende Zerstörung unserer Lebensgrundlagen weltweit wird vermehrte Gewalt gegen Frauen und Mädchen zur Folge haben. Was zunächst nach einer weit hergeholten Schlussfolgerung klingt, ist jetzt schon eine reale Gefahr für Frauen und Mädchen weltweit. Die Folgen der Klimakrise und die bestehenden patriarchalen Strukturen ergeben eine gefährliche Kombination. Schon jetzt werden die finanziellen Notsituationen als auch die anfallenden Hausarbeiten auf die Frauen und Mädchen projiziert. Frauen und Mädchen sind besonders im globalen Süden für die Wasserversorgung zuständig und durch die Umweltveränderungen werden ihre Wege zu Wasserquellen länger und gefährlicher. Frauen und Mädchen, die viel Zeit in Care-Arbeit stecken müssen, haben nicht die Chance, eine Schule zu besuchen oder einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Doch auch Umweltkatastrophen haben eine größere Gefahr für Frauen und Mädchen im Globalen Süden, da sie im patriarchalen System nicht mitgedacht werden. Schwimmverbote für Frauen und Mädchen, aber auch die Verantwortlichkeit Care-Arbeit in Krisensituationen zu übernehmen, erschweren Frauen und Mädchen die Flucht. In Notsituationen sind sie häufig zu Hause und werden entweder gar nicht oder zu spät gewarnt, da lokale Katastrophenschutzpläne oft Frauen nicht einbeziehen und aus einer männlichen Perspektive gedacht sind. Das sorgt dafür, dass Frauen und Mädchen häufiger bei Naturkatastrophen sterben. Die stereotypische Verteilung von Care-Arbeit betrifft alle Frauen, für Frauen im Globalen Süden kann dies aber unter anderem auch eine erschwerte Flucht vor Klimakatastrophen heißen. Deswegen heißt es auch hier, dass keine Klimagerechtigkeit ohne Geschlechtergerechtigkeit möglich ist!
Aber gerade da Frauen die Hauptleidtragenden des Klimawandels im Globalen Süden sind, sind sie dort Schlüsselfiguren für dessen Mitigation und nachhaltige Entwicklung. Daher fordern wir:
• Die Bereitstellung von mehr Mikrokrediten und entsprechender Beratung für Frauen und Frauengruppen mit nachhaltigen Geschäftsideen und/oder dem Bedarf nach urbanem Land.
• Bei Erwerb von Land für den Rohstoffabbau durch deutsche Firmen genau zu prüfen, ob und wie viele Haushalte von diesem Land abhängen und gegebenenfalls eine Entschädigung in Form von gleichwertigem Land an anderer Stelle oder ein Kaufverbot durchzusetzen.
• Finanzielle, technische und fachliche Unterstützung beim Aufbau dezentraler Infrastruktur, um Arbeiten im Haushalt zu erleichtern, Wege zu verkürzen, insbesondere durch einen guten Anschluss an die Wasser- und Gesundheitsversorgung, und bspw. die CO2-Emissionen und das Gesundheitsrisiko durch offene Holzfeuer als Energiequelle in geschlossenen Räumen zu minimieren.
5. CO2 Bepreisung 5.1 Einordnung Die CO2-Bepreisung ist nur eines von mehreren erforderlichen Instrumenten und kann direkte Maßnahmen (wie z.B. Fördermittel für klimafreundliche Heizungen, Ausbau des ÖPNV, Einspeisevergütung für Erneuerbare Energien, uvm.) keinesfalls ersetzen, sondern nur flankieren. Nur mit guter, aktiver Klimapolitik, die auch tatsächlich einen Umstieg auf klimafreundlichere Alternativen möglich macht und fördert, werden wir die 1,5 Grad Grenze einhalten. Grundsätzlichmüssen wir den Fokus ganz klar auf eine aktive Förder- und Anreizpolitik und deren soziale Ausgestaltung legen. Dennoch ist die aktuelle Situation, bei der Klima- und Umweltschäden durch die Emission von Treibhausgasen, durch fehlende oder zu niedrige CO2-Preise größtenteils unberücksichtigt bleiben, nicht weiter hinzunehmen. Nicht nur, weil damit die direkten Klimaschutzmaßnahmen erschwert werden, sondern auch, weil das Abwälzen der Folgekosten auf die Allgemeinheit und insbesondere die zukünftigen Generationen zutiefst ungerecht ist. Für uns geht es bei der CO2- Bepreisung deshalb nicht nur um die Lenkungswirkung, sondern mindestens genauso um die gerechte Verteilung der vorübergehenden Kosten der großen Transformation. Eine sinnvolle Verwendung und gerechte Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gehören somit untrennbar dazu.
5.2 Reform des europäischen Emissionshandels und Einführung eines nationalen CO2-Mindestpreises Unser bevorzugtes Instrument zur CO2-Bepreisung war und ist eine CO2-Steuer. Dennoch erkennen wir an, dass kurzfristige Verbesserungen derzeit vor allem durch eine Reform des bestehenden Emissionshandels erzielt werden können. Der europäische Emissionshandel ist weit davon entfernt, selbst einen substanziellen Beitrag zur Emissionsminderung zu leisten. Auch die kürzlich angestiegenen Zertifikatspreise dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor große Mengen überschüssiger Zertifikate existieren. Es muss dringend verhindert werden, dass eine beschleunigte Emissionsreduktion, etwa durch einen verstärkten Ausbau der erneuerbaren
Energien, künftig durch fallende Zertifikatspreise an anderer Stelle bzw. in anderen Bereichen “verschluckt” wird, oder gar mit Gewinnabsicht auf stark schwankende Zertifikatspreise spekuliert wird. Auch für die Planbarkeit klimafreundlicher Investitionen ist ein moderat steigendes, aber zumindest stabiles CO2-Preisniveau erforderlich. Je schneller Emissionen reduziert werden, desto besser. Um zu verhindern, dass der Emissionshandel künftig mehr schadet als er nutzt, müssen folgende Reformen schnellstmöglich umgesetzt werden. Wir fordern: Eine einmalige Reduktion der Zertifikatsmenge durch Löschung überschüssiger Zertifikate sowie eine Umgestaltung der Regelungen, sodass überschüssige Zertifikate jährlich gelöscht werden und nicht wie bisher zu einem späteren Zeitpunkt wieder ins System gelangen. Eine schnellere Reduktion der Zertifikatsmenge, sodass die Erreichung der Klimaziele und der Klimaneutralität bis spätestens 2040 sichergestellt sind. Ausgleichzahlungen im Rahmen eines Solidaritätsmechanismus für die von den voranstehenden Forderungen besonders betroffenen Mitgliedsstaaten, die z.B. über einen europäischen Sozialfonds zielgerichtet zur Entlastung besonders betroffener Bevölkerungsgruppen sowie zur Finanzierung eines beschleunigten Strukturwandels verwendet werden sollen. Bis auf weiteres keine Zulassung von Negativemissionen zur Erfüllung der Vorgaben. Zu einem Zeitpunkt, an dem keine weitere Vermeidung von Emissionen umsetzbar ist, kann in Zukunft die restriktive Zulassung von Negativemissionen geprüft werden. Die schrittweise Abschaffung der kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten und die Einführung eines europäischen Grenzausgleichsmechanismus. Die Einführung separater Bepreisungssysteme für die Treibhausgasemissionen im Luftverkehr, in der Schifffahrt sowie in der Landwirtschaft mit eigenen Reduktionszielen und Mindestpreisen, die den Besonderheiten des jeweiligen Sektors Rechnung tragen. Wir befürworten europäische Lösungen, bis zu deren Einführung wir vorübergehend auch auf nationale Lösungen zurückgreifen. Bei der Landwirtschaft kommt es uns zusätzlich darauf an, dass die Bepreisung der Methan-, Lachgas- und CO2-Emissionen im Ergebnis den Wandel hin zu einer gerechteren, ökologischeren und tierfreundlichen Landwirtschaft unterstützt und einen Beitrag zum Schutz der Biodiversität und Böden leistet. Außerdem soll der Erfüllungsaufwand für die Landwirt*innen so gering wie möglich gehalten werden. Denkbar wäre, die Bepreisung auf Ebene der verarbeitenden Betriebe anzusetzen. Die Einführung eines nationalen CO2-Mindestpreises im Stromsektor, der kompatibel ist zu den Paris-Zielen und schrittweise ansteigt. Die Umsetzung des CO2-Mindestpreises kann über eine Energiesteuerreform erfolgen, die zusätzlichen Einnahmen sollen dem Energie- und Klimafonds (EKF) zugeführt werden. Die Umsetzung erfolgt zunächst auf nationaler Ebene, idealerweise jedoch in einer Koalition der Willigen, z.B. der zentral- und westeuropäischen Mitgliedsstaaten. Bei nationaler Einführung ist eine beihilfenrechtskonforme Strompreiskompensation für die Industrie zu prüfen.
5.3 Weiterentwicklung des nationalen CO2-Preises und Integration in den EU ETS2
Auch beim nationalen CO2-Preis im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) sehen wir akuten Reformbedarf. Da hier die Sektoren Gebäude und Verkehr betroffen sind, trifft diese Bepreisung Bürger*innen viel direkter als es durch den europäischen Emissionshandel der Fall ist. Umso wichtiger ist, dass das Preissignal bzw. die Lenkungswirkung zielgerichtet auf diejenigen trifft, die überhaupt die Möglichkeit für klimafreundliche Transformation haben. In jedem Fall müssen klimafreundliche Alternativen überhaupt zur Verfügung stehen, sonst läuft selbst der höchste CO2-Preis ins Leere.
Wir fordern:
5.4 Sozial gerechte Verwendung der Einnahmen Da eine CO2-Bepreisung ohne soziale Ausgleichsmaßnahmen früher oder später zu steigender Ungleichheit führt, ist ein sozialer Ausgleich dringend notwendig. Die EEG-Umlage muss nach einem vorab definierten Pfad schrittweise abgesenkt werden, um die Strompreise für Verbraucher*innen sowie die Industrie zu reduzieren – bis hin zu ihrer Abschaffung. Bei einem CO2-Preis von 25 Euro würde den Verbraucher*innen dadurch eine Ersparnis von 4 Cent je Kilowattstunde zu Gute kommen. Allerdings ist diese Maßnahme nur vorrübergehend, denn ab einem CO2-Preis von etwa 100€ wäre die EEG-Umlage vollständig finanziert und es ließe sich keine Entlastung mehr generieren. So schnell wie möglich soll daher eine direkte Entlastung durch eine Pro-Kopf-Rückerstattung erfolgen. Diejenigen, die weniger CO2 ausstoßen, werden durch entsprechende Rückzahlungen begünstigt und Menschen mit einem durchschnittlichen CO2-Verbrauch entstehen keine Zusatzkosten. Da der Verwaltungsaufwand möglichst gering bleiben soll und die Faktoren Sichtbarkeit und Akzeptanz besonders wichtig für dessen Umsetzung sind, präferieren wir das Modell der Auszahlung über die Krankenversicherung. Bei Abschluss der Versicherung liegen der Krankenkasse somit bereits Kontoverbindungen vor, was den Verwaltungsaufwand reduziert. Wir wollen gleichzeitig, dass die Klimaprämie als Klimaprämie wahrgenommen und als solche verstanden und kommuniziert wird. Deshalb fordern wir in Anlehnung an das Schweizer Modell, dass die Mittel aus der CO2-Bepreisung in den Fonds eingezahlt werden und aus dem Fonds eine Gutschrift an die Mitglieder der Krankenversicherungen erfolgt. Hiermit wollen wir garantieren, dass die Bevölkerung die Klimaprämie bewusst wahrnimmt und dies lässt sich nur durch absolute Sichtbarkeit garantieren. Geringe Beiträge zu Beginn können aus Verwaltungsaufwand-Gründen jährlich ausgezahlt werden und erst ab einer Höhe der Klimaprämie von etwa 150 Euro sollte eine monatliche Auszahlung der Klimaprämie erfolgt. Ziel dessen soll sein, dass einkommensschwache Personen durch eine regelmäßige Auszahlung der Klimaprämie entlastet werden. Arbeitgeber*innen und Sozialversicherungsträger*innen müssten in diesem Fall nur einmal im Jahr ihre Abrechnungssysteme an den erstmalig durch die Klimaprämie geminderten Betrag anpassen. Durch eine Weiterentwicklung der DÜEV- Jahresmeldungen der Arbeitgeber*innen an die Krankenkassen, lässt sich zudem eine Mehrfach- Begünstigung ausschließen. Des Weiteren fordern wir, dass Auszahlungen im Rahmen der Klimaprämie nicht mit Sozialleistungen verrechnet bzw. angerechnet werden können.
5.5 Kompensation von Härtefällen
Auch wenn kleine und mittlere Einkommen durch die Pro-Kopf-Rückerstattung und die Absenkung der EEG-Umlage statistisch gesehen entlastet werden, lassen sich Härtefälle nicht gänzlich vermeiden. Für Fälle, in denen die CO2-Bepreisung eine unverhältnismäßige Mehrbelastung verursacht, Energiearmut auslöst oder gar verschärft, bedarf es eines Härtefallfonds. Insbesondere für Empfänger*innen von Sozialleistungen ist es Aufgabe der Behörden, Ansprüche auf Zahlungen aus dem Härtefallfonds zu prüfen und den Berechtigten proaktiv auszuzahlen. Es muss, soweit möglich, verhindert werden, dass Berechtigte mangels Kenntnis oder aufgrund bürokratischer Hürden trotz Anspruch keinen Ausgleich aus dem Härtefallfonds erhalten.